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Vorträge 2025

Unsere Keynote-Speaker

Dr. Holger Schmieding, Berenberg Bank

Herausforderungen für Wirtschaft, Finanzmärkte und Anleger vor dem Hintergrund einer neuen Weltordnung

„2025 ist das Jahr der neuen Welt-Unordnung“ - geopolitische Schocks und ihre Folgen für Wirtschaft und Anleger

Mit klaren Worten analysierte Dr. Holger Schmieding, Chefvolkswirt der Berenberg Bank, beim ZukunftsForum Edelmetalle 2025 die globalen Herausforderungen für Finanzmärkte und Investoren. Sein Vortrag spannte den Bogen von der US-Wahl über die geopolitische Lage bis hin zur wirtschaftlichen Resilienz Deutschlands. Die zentrale Botschaft: „Wir stehen am Anfang einer neuen Unordnung - aber Europa hat mehr wirtschaftliche Substanz, als es selbst glaubt.“

US-Politik: Trump, Zölle und Unsicherheit

Ein erheblicher Teil der Analyse galt dem möglichen Comeback von Donald Trump. Schmieding warnte vor den wirtschaftlichen Folgen einer erratischen US-Handelspolitik: „Wer auf Dauer Zölle braucht, hat am Markt allein keine Chance.“ Die geplanten Strafzölle könnten kurzfristig als Steuer wirken, aber langfristig Wettbewerbsfähigkeit und Investitionen gefährden - auch in den USA. Besonders betroffen wäre die EU, die inzwischen der größte Exporteur in die Vereinigten Staaten ist. Trump, so Schmieding, wolle lieber mit Einzelstaaten verhandeln als mit der Union: „Wir müssen damit rechnen, dass er uns auf dem Kieker hat.“

Einwanderungspolitik mit ökonomischem Bumerang

Schmieding thematisierte auch die wirtschaftlichen Risiken der US-Einwanderungspolitik. Eine rigide Grenzpolitik würde langfristig den Arbeitsmarkt schwächen, Arbeitskräfte verknappen und so den Inflationsdruck erhöhen. Die USA stünden damit vor einem möglichen strukturellen Kostenschub - ein Risiko, das Anleger nicht unterschätzen sollten.

China - mehr Probleme als Lösungen

Auch die wirtschaftliche Großmacht China kam nicht gut weg. Schmieding zeichnete ein düsteres Bild: sinkende Geburtenraten, gigantische Kapitalvernichtung durch Fehlplanungen im Bau- und Infrastruktursektor sowie massive, aber nicht nachhaltige Subventionen in ausgewählte Industrien. Seine Prognose: „Langfristig bin ich für China pessimistisch.“ Der autoritäre Kurs des Landes verhindere strukturelle Reformen - ein Problem mit globalen Implikationen für Rohstoffmärkte, Handelsströme und Investitionen.

Zinswende: Ende der ultra-lockeren Geldpolitik

Ein weiteres zentrales Thema war die Entwicklung der Notenbankpolitik. Schmieding sieht keinen Grund für weitere Zinssenkungen - weder in den USA noch im Euroraum. „Ein normaler Leitzins der EZB liegt eher bei 3 Prozent, nicht bei 2“, so seine Einschätzung. Für die USA prognostiziert er eine Rendite von 5 % für zehnjährige Staatsanleihen, für Deutschland 3 %. Die Zeit der Nullzinsen sei vorbei - mit Konsequenzen für alle Anlageklassen, auch für Edelmetalle.

Ukraine-Krieg: Drei Szenarien, keine einfache Lösung

Schmieding skizzierte drei mögliche Entwicklungen im Ukraine-Krieg unter einem US-Präsidenten Trump:

  1. Trump erzielt einen Kompromissfrieden unter Druck auf Putin - die wahrscheinlich beste, aber aktuell wenig wahrscheinliche Option.
  2. Ein Diktatfrieden auf Kosten der Ukraine - politisch instabil, wirtschaftlich desaströs.
  3. Ein unklarer Deal zwischen Trump und Putin, den die Ukraine nicht akzeptiert - mit langfristiger Schwächung des Landes und wachsendem Druck auf Europa.
    Sein Fazit: „Ohne die USA geht es vorerst nicht - Europa muss aber lernen, strategisch eigenständiger zu handeln.“

Deutschland: Reformbedarf trotz Substanz

Trotz aller globalen Unsicherheiten sieht Schmieding Deutschland gut aufgestellt - wenn die richtigen Weichen gestellt werden. „Unsere Probleme hätten viele Länder gern.“ Die industrielle Basis, Innovationskraft und Kapitalausstattung seien stark - aber sie müssten durch Reformen aktiviert werden. Gemeint sind dabei insbesondere Bürokratieabbau, steuerliche Entlastungen und Investitionen in Infrastruktur.

Risiko, aber auch Chancen für Anleger

Die beschriebene neue Weltunordnung bedeutet für Investoren vor allem eines: erhöhte Volatilität. Dennoch böten geopolitische Brüche auch Einstiegschancen - etwa bei Gold, Rohstoffen oder Anleihen ausgewählter Länder. Entscheidend sei ein disziplinierter, langfristiger Anlagehorizont. Schmieding plädierte für eine breite Diversifikation und eine nüchterne Analyse geopolitischer Risiken.

Europa muss Verantwortung übernehmen

Ein wiederkehrendes Motiv war der Aufruf zur europäischen Eigenständigkeit. Schmieding lobte zwar die finanzielle Unterstützung der Ukraine durch Europa - forderte aber mehr militärische und politische Initiative. „Wenn die USA sich zurückziehen, darf Europa nicht paralysiert reagieren.“ Auch wirtschaftlich müsse die EU ihren Binnenmarkt stärken und strategische Industrien schützen.

Fazit: Neue Risiken - aber auch neue Chancen

Schmiedings Vortrag war ein Weckruf - aber auch ein Mutmacher. Die Welt wird instabiler, die Märkte volatiler, die Politik unberechenbarer. Doch mit Analyse, Vorsicht und strategischer Weitsicht lassen sich auch in diesem Umfeld Chancen nutzen. „Wir brauchen keine Panik - aber mehr Ernsthaftigkeit im Umgang mit den Realitäten dieser neuen Weltordnung.“

 

Biografie: Dr. Holger Schmieding ist Chefvolkswirt bei Berenberg in Hamburg und London. Zuvor war er Chefvolkswirt Europa bei Merrill Lynch und Bank of America. Er studierte Volkswirtschaft in München, London und Kiel, promovierte in Kiel und arbeitete u. a. beim Internationalen Währungsfonds. 1998 prägte er den Begriff vom „kranken Mann Europas“, sagte 2010 ein „goldenes Jahrzehnt“ für Deutschland voraus und veröffentlichte 2012 das Buch „Unser gutes Geld“. In der Extel-Umfrage wurde er 2013–2015 als bester Makro-Analyst Europas ausgezeichnet.

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Ralf Schuster, Helaba

50 Tage Trump, 30 Tage Merz: Europa zwischen Trump, Putin und XI – Herausforderungen für die Politik in der 2. Hälfte der 2020er

Trump kippt das Schachbrett um: Europa in einer neuen geopolitischen Realität

Die Weltordnung gerät ins Wanken - nicht nur durch Kriege, sondern durch das bewusste Aushebeln internationaler Spielregeln. In seiner geopolitischen Keynote beim ZukunftsForum Edelmetalle 2025 zeichnete Ralf Schuster, geopolitischer Experte der Helaba, ein eindringliches Bild der globalen Lage. Seine zentrale These: „Wir erleben keinen Strategiewechsel, sondern eine bewusste Spielverweigerung - und Europa ist nicht vorbereitet.“

Der Kalte Krieg 2.0 und das Ende der alten Ordnung

Schuster sprach von einem „Kalten Krieg 2.0“, in dem klassische Machtblöcke zwar bestehen, aber das zugrunde liegende Regelwerk sich auflöst. Die Ära des „Teile und Herrsche“ habe nicht zu Stabilität geführt, sondern zu wachsendem Chaos. Weltweit sei die Zahl bewaffneter Konflikte so hoch wie nie zuvor. „Wir bekommen unser geopolitisches Schachspiel nicht mehr rum“, so Schuster. Akteure wie Donald Trump verließen das Spiel bewusst - nach dem Prinzip der Madman-Theorie, die bereits Richard Nixon verfolgte: maximale Unberechenbarkeit als strategisches Mittel.

Chinas Aufstieg und Europas Schwäche

Ein zentrales Element der Analyse war die geopolitische Machtverschiebung zugunsten Chinas. Das Land zählt mittlerweile in 150 Ländern zu den drei wichtigsten Handelspartnern - ein Zeichen seiner ökonomischen Reichweite. Gleichzeitig beteiligen sich 87 % der Weltbevölkerung nicht an den Sanktionen gegen Russland - ein Indikator für Europas schwindenden Einfluss. Schuster machte deutlich: „Wir müssen uns bewusst machen, dass wir global an Bedeutung verlieren, wenn wir nicht strategisch handeln.“

Technologie, nicht Rüstung, ist der Schlüssel zur Resilienz

Statt auf kurzfristige Reaktionen müsse Europa langfristig investieren - vor allem in Technologie und Innovation. Doch genau hier sieht Schuster die größte Gefahr: „Innovation wird durch Überregulierung erstickt.“ Der zunehmende Technologiekonflikt zwischen den USA und China verschärfe die Lage, während Europa ins Hintertreffen gerate. Besonders kritisch sei die Rolle Taiwans als unverzichtbares Zentrum der Halbleiterindustrie - und damit als geopolitischer Risikofaktor ersten Ranges.

Risikoanalyse statt Reaktionismus

Schuster rief zu einem tiefgreifenden Mentalitätswandel auf: weg vom krisengetriebenen Reaktionismus, hin zu einer vorausschauenden Risikosteuerung. Dazu gehöre auch ein realistischer Blick auf geopolitische Abhängigkeiten - etwa im Rohstoffbereich. Deutschland und Europa müssten neue Bündnisse schließen, strategische Allianzen mit Schwellenländern eingehen und ihre wirtschaftliche und technologische Unabhängigkeit ausbauen.

Europa in der strategischen Defensive

Im Vergleich zu den USA, die geopolitisch und wirtschaftlich zunehmend autonom agieren, befindet sich Europa laut Schuster in einer strukturellen Defensive. Während Amerika mit der Reindustrialisierung kämpft und China auf Subventionen setzt, diskutiert Europa regulatorische Detailfragen. „Wir tun immer noch das Gleiche - während andere längst das Spielfeld verändert haben.“

Wirtschaftsstandort unter Druck

Auch der Wirtschaftsstandort Deutschland steht vor einer grundlegenden Prüfung. Schuster forderte eine neue industriepolitische Agenda, die gezielt Schlüsseltechnologien fördert und Standortbedingungen verbessert. Ohne technologische Souveränität werde sich weder wirtschaftliche Resilienz noch geopolitische Handlungsfähigkeit erreichen lassen. Dies gelte auch für die Edelmetallwirtschaft - etwa in Bezug auf kritische Rohstoffe und strategische Lieferketten.

Geopolitische Komplexität verstehen lernen

Der Vortrag war zugleich ein Plädoyer für mehr geopolitische Bildung in Politik, Wirtschaft und Finanzsektor. Schuster kritisierte eindimensionale Feindbilder und plädierte für differenzierte Analysen. „Langsam denken“ bedeute: strategisch, analytisch, vorausblickend. Nur so ließen sich Fehlentscheidungen vermeiden und Handlungsspielräume erkennen - auch in komplexen und scheinbar chaotischen Szenarien.

Edelmetalle als geopolitischer Anker

Angesichts wachsender Unsicherheit gewinnen Edelmetalle für Investoren zusätzlich an Bedeutung. Sie dienen nicht nur als Inflationsschutz, sondern auch als Krisenreserve in einer multipolaren Weltordnung. Rohstoffsicherheit, Herkunftstransparenz und technologische Unabhängigkeit werden damit zu geopolitischen Kernthemen - weit über die klassische Finanzperspektive hinaus.

Fazit: Strategisch denken - bevor das Spiel verloren ist

Ralf Schuster schloss mit einem Appell: Europa darf sich nicht weiter vom Weltgeschehen treiben lassen. Die geopolitische Lage verlange strategisches Denken, technologische Entschlossenheit und wirtschaftliche Eigenständigkeit. Wer heute keine neuen Allianzen schmiedet und die Spielregeln nicht mitgestaltet, wird morgen kein Mitspieler mehr sein - sondern nur noch Zuschauer.

 

Biografie: Ralf Schuster ist Geopolitischer Experte der Helaba und Berater der GHA-German Health Alliance. Er war fast 20 Jahre in der exportierenden Medizintechnik tätig, zuletzt als Leiter für Regierungsbeziehungen in Berlin. Mit rund 40 Jahren Erfahrung im deutschen Außenhandel kennt er die wirtschaftlichen und politischen Herausforderungen von über 100 Schwellen- und Entwicklungsländern. Als gefragter Redner erreicht er sein Publikum weit über Europa hinaus. Zudem ist er Präsidiumsmitglied der Ghorfa und Mitglied im Internationalen Club im Auswärtigen Amt.

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Ronald-Peter Stöferle, Managing Partner Incrementum AG, Vaduz

Was heißt dann die neue Weltordnung für die Edelmetallmärkte?

Die geopolitische Renaissance von Gold - warum die Notenbanken das Edelmetall wiederentdecken

„Gold war lange der ungeliebte Bösewicht - jetzt ist es zurück auf der Bühne der Weltfinanz.“ Mit dieser markanten Analogie aus dem Wrestling eröffnete Ronald-Peter Stöferle, Managing Partner bei der Incrementum AG, seinen Vortrag beim ZukunftsForum Edelmetalle 2025. Seine These: Wir erleben derzeit einen fundamentalen Wandel in der globalen Geldordnung - mit weitreichenden Folgen für die Edelmetallmärkte. Gold stehe im Zentrum dieser Entwicklung - als Rückgrat monetärer Souveränität.

Von der Verkaufs- zur Kaufwelle: Notenbanken entdecken Gold neu

Während in den Jahrzehnten vor 2010 viele Zentralbanken noch ihre Goldreserven abbauten, hat sich das Blatt seither vollständig gewendet. Seit 2010 verzeichnen wir durchgehend Netto-Käufe - in den letzten Jahren sogar in Rekordhöhe. Treiber dieser Entwicklung seien vor allem Notenbanken aus Schwellenländern, die ihre Abhängigkeit vom US-Dollar verringern wollen. Stöferle sprach von einem „Face Turn“ - einer dramaturgischen Wendung: „Gold ist vom Bösewicht zum Helden geworden - zumindest aus Sicht vieler Zentralbanken.“

Weltgrößter Markt im Bärenmodus - und Gold profitiert

Eine weitere zentrale Beobachtung: Der weltgrößte Kapitalmarkt - der Anleihemarkt - befindet sich seit Jahren in einem strukturellen Bärenmarkt. Steigende Zinsen und Inflationsrisiken machen US-Staatsanleihen unattraktiver. Dies begünstige alternative Reserveanlagen wie Gold. Laut Stöferle sei dies eine tektonische Verschiebung im globalen Asset Allocation-Verhalten: „Was früher US-Treasuries waren, wird heute zunehmend durch Gold ersetzt.“

Die westliche Welt zögert - Asien investiert

Bemerkenswert sei laut Stöferle die Diskrepanz zwischen dem Verhalten von Zentralbanken und westlichen Investoren. Während asiatische Länder, Russland, die Türkei und viele Schwellenländer ihre Goldbestände gezielt ausbauen, nehme der Westen an dieser „Gold-Party“ bislang kaum teil. „Es ist eine paradoxe Situation: Die institutionellen Anleger im Westen schlafen - während die Notenbanken der Welt kaufen wie nie zuvor.“

Inflation: Der unterschätzte Katalysator

Als nächsten großen Treiber sieht Stöferle das mögliche Wiederaufflammen der Inflation - insbesondere durch strukturelle Effekte wie Demografie, Deglobalisierung und Energiewende. Diese neue Inflationsdynamik sei dauerhaft höher und schwerer kontrollierbar. Gold, so seine Einschätzung, werde in diesem Umfeld erneut als realer Wertspeicher an Bedeutung gewinnen.

Gold entkoppelt sich - neue Unabhängigkeit von Realzinsen

Eine spannende Beobachtung: Gold zeigt zunehmend eine Emanzipation von traditionellen Einflussfaktoren wie den US-Realzinsen oder ETF-Zuflüssen. Der Preis entwickle sich robuster, die Volatilität sei stabil. Für Stöferle ein Signal: „Gold handelt wieder mehr aus sich selbst heraus - als monetäres Asset mit eigener Logik.“

Renaissance der monetären Rolle von Gold

Stöferle sieht eine Renaissance von Gold als Bestandteil staatlicher Währungsreserven. Das Vertrauen in die multilateralen Institutionen sinkt, geopolitische Blöcke entstehen neu. In diesem Kontext wird Gold zur „neutralen Reservewährung“, die keiner Nation gehört - aber allen als Sicherheitsanker dient. Diese Entwicklung sei „keine Spekulation, sondern ein beobachtbarer Trend“, so Stöferle.

FOMO auf Gold? Noch nicht - aber bald

Obwohl der Goldpreis bereits gestiegen ist, sei von einer spekulativen Überhitzung noch keine Spur. Das klassische „FOMO“-Phänomen - also die Angst, eine Rally zu verpassen - sei bislang kaum sichtbar. Genau das mache das aktuelle Marktumfeld so interessant: „Wir stehen nicht am Ende, sondern möglicherweise am Anfang einer strategischen Neuausrichtung vieler Portfolios zugunsten von Gold.“

Technologie, ESG und Gold: keine Gegensätze

Abschließend ging Stöferle auf die Debatte um Nachhaltigkeit und Digitalisierung ein. Er betonte, dass moderne Goldinvestments - etwa mit digitalem Herkunftsnachweis oder über ESG-konforme Förderprojekte - keineswegs im Widerspruch zur neuen Gold-Renaissance stünden. Vielmehr sei es Aufgabe der Branche, diese Themen strategisch zu integrieren.

Fazit: Gold ist zurück - weil Vertrauen schwindet

Ronald-Peter Stöferles Vortrag war ein leidenschaftliches Plädoyer für Gold - nicht als Krisenversicherung, sondern als strategisches Asset in einer multipolaren, monetär fragmentierten Welt. Seine zentrale Botschaft: „Gold ist nicht rückwärtsgewandt - es ist ein Asset der Zukunft. Denn Vertrauen ist die neue Währung - und Gold ihr stabilster Träger.“

 

Biografie: Ronald-Peter Stöferle ist Managing Partner der Incrementum AG, einer Vermögensverwaltung in Liechtenstein mit Fokus auf innovative Fondsstrategien. Seit 2007 publiziert er den renommierten „In Gold We Trust“-Report und verwaltet mehrere Fonds. Er ist Autor der Bücher „Österreichische Schule für Anleger“ und „Die Nullzinsfalle“ sowie Board Member von Tudor Gold und Advisor bei VON GREYERZ und Monetary Metals. Als gefragter Redner spricht er weltweit über Gold und „Sound Money“. Stöferle setzt sich für langfristig werthaltige Investitionsstrategien ein.

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Unsere Referentinnen und Referenten

Matthias Baier, Deutsche Kontrollstelle EU-Sorgfaltspflichten in Rohstofflieferketten (DEKSOR)

Eine (Ein-)Ordnung muss sein! Die Aufgaben der DEKSOR und das Regelwerk für Gold (und andere Rohstoffe)

Matthias Baier: Eine (Ein-)Ordnung muss sein! Die Aufgaben der DEKSOR und das Regelwerk für Gold (und andere Rohstoffe)

Beim ZukunftsForum Edelmetalle 2025 in Frankfurt präsentierte Matthias Baier, Leiter der Deutschen Kontrollstelle EU-Sorgfaltspflichten in Rohstofflieferketten (DEKSOR), den aktuellen Stand der europäischen Regulierung rund um „Konfliktminerale“. Sein Vortrag machte deutlich: Wer heute Edelmetalle importiert, trägt Verantwortung - für Menschenrechte, für Umwelt und für Transparenz. „Eine geordnete Lieferkette ist nicht nur eine Frage der Compliance, sondern der Glaubwürdigkeit“, so Baier.

Konfliktrohstoffe unter Beobachtung

Im Mittelpunkt der EU-Verordnung 2017/821 stehen die vier sogenannten „3TG“-Rohstoffe: Zinn, Tantal, Wolfram und Gold. Gerade Gold steht im Verdacht, in vielen Fällen aus Konflikt- und Hochrisikogebieten (CAHRAs) zu stammen - etwa aus dem Ostkongo, aber auch zunehmend aus Regionen in Lateinamerika, Myanmar oder Nigeria. Baier erklärte: „Illegale Besteuerung, organisierte Kriminalität und die Finanzierung bewaffneter Gruppen machen viele Lieferketten zu Hochrisikozonen“.

Sorgfaltspflichten - konkret und verbindlich

Die EU verpflichtet Importeure („Unionseinführer“) zur Einrichtung eines Risikomanagementsystems, zur Durchführung von Audits und zur Offenlegung von Herkunft und Prüfprozessen. Besonders in Konfliktregionen müssen Unternehmen nachweisen, dass sie ihre Sorgfaltspflichten gemäß OECD-Leitlinien einhalten. DEKSOR überprüft diese Pflichten seit 2022 in nachträglichen Kontrollen - mit deutlichem Handlungsbedarf: „43 % der überprüften Unternehmen kamen 2024 ihrer Offenlegungspflicht nicht nach“, kritisierte Baier.

Kleinbergbau - Risiko und Chance zugleich

Ein besonderer Fokus galt dem artisanalem Kleinbergbau. Zwar stammen weltweit rund 10-20 % des Goldes aus dieser Quelle, doch sind die Bedingungen häufig prekär: fehlende Arbeitsschutzstandards, Kinderarbeit und kaum Nachverfolgbarkeit. Dennoch sieht Baier auch Potenzial: „Verantwortungsvoll gestaltete Kleinbergbauprogramme wie Fairmined oder Swiss Better Gold können Entwicklung fördern und zugleich Risiken mindern“.

Woher kommt das Gold? Schwierige Rückverfolgbarkeit

Ein großes Problem stellt die mangelnde Transparenz entlang der Lieferkette dar. Oft endet die Rückverfolgbarkeit bei der Raffinerie - doch Herkunft und Prüfmethoden bleiben im Dunkeln. In einem Beispiel berichtete Baier von einer deutschen Firma, die bei einer Schweizer Raffinerie nach der Herkunft des Goldes fragte - und lediglich die Auskunft erhielt, man sei LBMA-zertifiziert. „Zertifikate ersetzen keine belastbaren Daten“, so Baier. Die Verantwortung bleibe bei den Importeuren.

Risikobewertung statt Risikovermeidung

Ein wesentliches Ziel der EU-Verordnung ist nicht die Vermeidung jeder potenziellen Gefahr (wie im US-amerikanischen Dodd-Frank Act), sondern die bewusste Bewertung und Minderung von Risiken. Das bedeutet: Unternehmen sollen auch dann Verantwortung übernehmen, wenn sie aus problematischen Regionen beziehen - sofern sie Transparenz schaffen und Missstände aktiv bekämpfen.

Auditpflichten und Zertifizierungslücken

Die DEKSOR bemängelt die teilweise unvollständige Weitergabe von Auditberichten. Viele Raffinerien berufen sich auf Geschäftsgeheimnisse, was laut Baier die Transparenz erheblich einschränkt. Auch die blinde Nutzung industrieller „Smelter Lists“ (z. B. der LBMA) sei kritisch: „Nicht jede konforme Raffinerie erfüllt auch die Anforderungen der EU-Kommission.“ Es brauche detaillierte Prüfberichte und individuelle Bewertung - nicht Checklisten.

Zahlen und Fakten - eine Bilanz

Laut DEKSOR-Daten wurden 2023 rund 60 Tonnen Gold nach Deutschland eingeführt - ein Rückgang gegenüber 2021. Die größten Ursprungsländer sind die Schweiz (über 70 %), das Vereinigte Königreich, Brasilien und die USA. Auffällig: Russland war 2022 noch mit 5 % vertreten - trotz geopolitischer Spannungen. Die Kontrolle bleibt schwierig, da der Ursprung eines Barrens nicht immer zweifelsfrei nachweisbar ist.

Ein Mentalitätswandel ist nötig

Abschließend appellierte Baier an die Branche: „Risikomanagement ist kein bürokratisches Pflichtprogramm, sondern Ausdruck eines neuen unternehmerischen Selbstverständnisses.“ Nur durch Transparenz, Eigenverantwortung und Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft könne die Glaubwürdigkeit in den Edelmetallmärkten langfristig gesichert werden.

Fazit: Verantwortung braucht Struktur

Der Vortrag zeigte klar: Der Weg zu einer ethisch vertretbaren Rohstoffwirtschaft führt über verbindliche Standards, nachvollziehbare Prozesse und konsequente Kontrollen. Die DEKSOR sieht sich dabei nicht nur als Prüfinstanz, sondern auch als Partner der Unternehmen auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit - mit einem Ziel, das Baier in einem Satz auf den Punkt brachte: „Eine (Ein-)Ordnung muss sein.“

 

Biografie: Matthias Baier (Jg. 1970) spezialisierte sich in seinem volkswirtschaftlichen Studium auf Entwicklungszusammenarbeit, europäische Integration und Globalisierung. Mit über 25 Jahren Erfahrung in der Internationalen Zusammenarbeit war er ab 2009 Projektkoordinator bei der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) und betreute das Zertifizierungsprojekt für „Konfliktrohstoffe“ in der DR Kongo. Seit 2019 leitet er die DEKSOR in der BGR und setzt seine Expertise in der praktischen Umsetzung von Sorgfaltspflichten in Rohstofflieferketten ein.

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Florian Bulling, FEM Forschungsinstitut

Edelmetallanwendungen u.a. bei erneuerbaren Energien: Neue technologische Trends bei Silber und bei den Platinmetallen.

Technologische Fortschritte bei Platinmetallen und Silber: Materialien für das grüne Zeitalter

Die Energiewende verändert nicht nur Stromquellen, sondern auch die Materialgrundlagen der Technologie. Florian Bulling, Ingenieur am Forschungsinstitut für Edelmetalle und Metallchemie (FEM) in Schwäbisch Gmünd, präsentierte in seinem Vortrag auf dem ZukunftsForum Edelmetalle aktuelle Entwicklungen rund um Silber und die Platinmetalle. Im Zentrum standen Fragen der Materialeffizienz, Substitution und die Rolle von Edelmetallen bei Zukunftstechnologien wie Photovoltaik und Wasserstoffmobilität.

Bulling betonte gleich zu Beginn, dass sich die Rolle von Edelmetallen fundamental verschiebt: weg von klassischen Anwendungen wie dem Abgaskatalysator - hin zu Hightech-Lösungen im Bereich erneuerbarer Energien. Diese Entwicklung ist sowohl von technologischem Fortschritt als auch von ökonomischem und ökologischem Druck getrieben.

Photovoltaik im Fokus: Weniger Silber, gleiche Leistung

Silber spielt nach wie vor eine zentrale Rolle bei der Herstellung von Solarzellen - doch der hohe Materialeinsatz war bislang ein limitierender Faktor. Neue Drucktechniken wie die Multi-Busbar-Technologie (MBB) ermöglichen es nun, mit deutlich weniger Silber auszukommen. Ergänzt wird dieser Trend durch die Substitution von Silberpasten durch galvanisch abgeschiedenes Kupfer.

Die Ergebnisse sind beeindruckend: Laut Bulling kann der Silberverbrauch pro Photovoltaik-Modul um bis zu 70 Prozent gesenkt werden. Das reduziert nicht nur die Produktionskosten, sondern verbessert auch die Skalierbarkeit - ein wichtiger Schritt für den globalen Ausbau erneuerbarer Energien bei gleichzeitiger Ressourcenschonung.

Hochleistungsbatterien: Silber als strategisches Nischenmaterial

Neben der PV-Technologie wird Silber auch in einem anderen Bereich als Schlüsselmaterial gehandelt: in Silber-Zink-Batterien. Diese zeichnen sich durch eine sehr hohe Energiedichte aus und gehören zu den leistungsfähigsten wiederaufladbaren Batterietypen überhaupt. Ihr Einsatz konzentriert sich vor allem auf Spezialanwendungen, bei denen Kompaktheit, Leichtigkeit und Zuverlässigkeit entscheidend sind.

Typische Anwendungsfelder sind laut Bulling die Medizintechnik - etwa in Hörgeräten oder Herzschrittmachern - sowie die Raumfahrt und Militärtechnik. Dort ermöglicht Silber eine kurzfristige Bereitstellung hoher Energieleistungen, auch unter extremen Bedingungen. Damit zeigt sich: Auch wenn der Massenverbrauch von Silber in diesem Bereich gering ist, besitzt es hohen strategischen Wert.

Platinmetalle im Brennstoffzellen-Zeitalter

Der zweite Schwerpunkt des Vortrags lag auf den Platinmetallen - insbesondere Platin - in der Wasserstoffwirtschaft. Während der klassische Abgaskatalysator an Bedeutung verliert, rücken neue Anwendungen wie Brennstoffzellen in den Vordergrund. Durch gezielte Materialforschung ist es gelungen, den Platinanteil drastisch zu senken - etwa durch den Einsatz von Platin-Kobalt-Legierungen in Katalysatoren.

Bulling verwies auf den Mercedes-Benz GLC F-CELL, bei dem der Platingehalt gegenüber früheren Generationen um bis zu 90 Prozent reduziert werden konnte. Gleichzeitig steigt die Lebensdauer der Systeme. Auch Bosch und die Nikola Motor Company setzen auf neue Katalysatoren in ihren Brennstoffzellen-Lkw - ein Hinweis darauf, dass die Industrie auf Serientauglichkeit und Kosteneffizienz zusteuert.

Europa im Umbruch: Strategische Relevanz wächst

In der Gesamtschau ergibt sich laut Bulling ein klares Bild: Europa befindet sich mitten in einem technologiegetriebenen Wandel. Edelmetalle wie Silber und Platin werden immer weniger für klassische Anwendungen benötigt - ihr Einsatz konzentriert sich zunehmend auf strategisch bedeutsame Zukunftstechnologien. Platin wird zum Enabler der Wasserstoffwirtschaft, Silber zum Rohstoff der Elektrifizierung und Solarenergie.

Zwar sinkt der Verbrauch pro Einheit durch Materialeinsparungen (Thrifting), doch die wachsende Zahl an Anwendungen und Produkten lässt den absoluten Bedarf insgesamt steigen. Diese Entwicklung stellt Industrie, Forschung und Politik vor neue Herausforderungen - etwa im Bereich der Versorgungssicherheit, des Recyclings und der Preisvolatilität.

Ausblick: Innovationsdruck und Kreislaufwirtschaft als Schlüssel

Zum Abschluss seines Vortrags skizzierte Florian Bulling eine Zukunftsvision, die auf der Kombination von Materialinnovation und Kreislaufwirtschaft basiert. Nur wenn es gelingt, Edelmetalle effizienter einzusetzen, zu substituieren und zugleich konsequent zu recyceln, kann die Energiewende auch auf materieller Ebene nachhaltig gelingen.

Die Forschung - so Bulling - leistet hierbei einen zentralen Beitrag. Sie öffnet nicht nur technologische Spielräume, sondern verschiebt auch ökonomische Grenzen. Entscheidend sei nun, diese Fortschritte in industrielle Prozesse zu übertragen und langfristige Versorgungskonzepte zu entwickeln. Die Edelmetalle bleiben damit ein zentraler, aber wandelbarer Baustein der Energiewende.

 

Biografie: Florian Bulling studierte bis 2017 Materialwissenschaft an der Hochschule Aalen und ist seitdem wissenschaftlicher Mitarbeiter am Forschungsinstitut fem in Schwäbisch Gmünd.
Durch zahlreiche Projekte im Bereich Edelmetalle verfügt er über umfassendes Fachwissen
zur Bewertung künftiger Trends. Seit Ende 2024 leitet er die Abteilung Metallkunde am fem, die sich mit Forschung und Dienstleistungen zu Edelmetallen befasst. Seine Schwerpunkte liegen auf Feinguss hochreaktiver Legierungen, der additiven Fertigung von Keramiktiegeln und -formen sowie der Entwicklung neuer Edelmetalllegierungen.

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Ruth Crowell, London Bullion Market Association

Grußwort: Die Arbeit der LBMA

„We are not running out of gold“ - der globale Goldmarkt zwischen Stabilität, Nachfrageboom und neuen Anforderungen

Die weltweit zunehmenden Unsicherheiten und wirtschaftlichen Umbrüche haben das Interesse an Gold neu entfacht - doch damit gehen auch Fragen zur Verfügbarkeit, zur Markttransparenz und zur langfristigen Rolle des Edelmetalls einher. Ruth Crowell, CEO der London Bullion Market Association (LBMA), lieferte beim ZukunftsForum Edelmetalle 2025 in Frankfurt eine pointierte und faktenreiche Analyse der aktuellen Lage. Ihre zentrale Botschaft: Die Versorgung mit physischem Gold ist gesichert, doch die Anforderungen an Transparenz und Integrität steigen.

Ein stabiler Markt trotz wachsender Spannungen

„We are not running out of gold“, betonte Crowell gleich zu Beginn - eine klare Absage an kursierende Gerüchte über eine drohende physische Knappheit. Trotz geopolitischer Turbulenzen, hoher Nachfrage und nervöser Finanzmärkte sei der Goldmarkt strukturell intakt. Die Gold-Leasing-Raten hätten sich zuletzt entspannt, was für eine gesunde Liquiditätslage spreche. Die LBMA sehe derzeit keine systemischen Engpässe, sondern vielmehr einen Markt, der sich durch Stabilität und Anpassungsfähigkeit auszeichne.

Makroökonomie, Unsicherheit und Notenbanken treiben den Goldpreis

Crowell analysierte die wichtigsten Faktoren, die den Goldpreis derzeit bewegen: fortgesetzte Käufe von Notenbanken - insbesondere aus Schwellenländern -, Gold als neutrale Reservewährung, anhaltende geopolitische Spannungen sowie das Bedürfnis institutioneller Investoren nach Sicherheit. „Die Welt wird chaotischer, und Gold bleibt ein sicherer Hafen“, erklärte sie. Der World Gold Council bestätigte diese Einschätzung mit aktuellen Zahlen: Über 1.000 Tonnen Gold wurden 2024 allein von Zentralbanken erworben - das dritte Rekordjahr in Folge.

Nachfrage auf historischem Höchststand - mit neuer Gewichtung

Die Gesamtnachfrage nach Gold erreichte 2024 mit fast 5.000 Tonnen ein Allzeithoch, sowohl mengen- als auch wertmäßig. Getragen wurde dieser Boom von unterschiedlichen Säulen: stabile Barren- und Münznachfrage, steigende Investitionen über ETFs, robuste Nachfrage nach Schmuck (trotz Preisrückgang in China, aber starkem Wachstum in Indien), sowie ein wachsender Bedarf im Technologiesektor - unter anderem durch den KI-Boom. Die weltweite Angebotslage hielt Schritt: Auch die Goldminenproduktion erreichte 2024 ein neues Rekordniveau.

Transparenz als zentrales Qualitätskriterium

Ein zentrales Anliegen Crowells war die Transparenz entlang der gesamten Lieferkette. Investoren - sowohl institutionell als auch privat - erwarteten heute zu Recht nachvollziehbare Herkunftsnachweise für physisches Gold. Der Anspruch „from rock to ring“ beschreibe die Erwartung, dass der Weg des Goldes vom Ursprung bis zum Endprodukt rückverfolgbar sei. Die LBMA arbeite kontinuierlich daran, die Standards für Herkunft, ESG-Kriterien und Marktverhalten zu verbessern. „Integrität ist keine Option - sie ist Voraussetzung“, betonte Crowell.

Regionale Unterschiede - globale Dynamik

Der Vortrag beleuchtete auch regionale Unterschiede in der Goldnachfrage. Während asiatische Märkte - insbesondere Indien - 2024 eine starke physische Nachfrage verzeichneten, blieb der Westen zögerlich. ETF-Zuflüsse aus Europa und Nordamerika stiegen erst im zweiten Halbjahr, während physische Investments weiterhin hinter den Erwartungen zurückblieben. Der World Gold Council sieht hier jedoch Potenzial: Mit fallenden Zinsen und steigender Unsicherheit könnten westliche Anleger bald stärker zurückkehren.

Gold als Gegengewicht zur geldpolitischen Erosion

Crowell sprach auch über die strukturellen Herausforderungen der globalen Finanzsysteme. In Zeiten von Währungsabwertung, steigender Staatsverschuldung und wachsender wirtschaftlicher Polarisierung erfülle Gold eine wichtige Funktion als wertstabiles Gegengewicht. Vor allem Family Offices und langfristig orientierte Investoren hätten dies erkannt - auch aufgrund des Trends zur „Entdollarisierung“ in Teilen der Welt.

Recycling und Minenproduktion - zwei stabile Säulen des Angebots

Auf der Angebotsseite präsentierten die Zahlen ein klares Bild: Sowohl der Primärabbau als auch das Recycling von Altgold legten 2024 zu. Der steigende Goldpreis erhöhte die Marge für Minenbetreiber und stimulierte zugleich die Rückführung von Schmuck und Altgold in den Kreislauf. Damit festigte sich auch die Rolle des Goldrecyclings als umweltfreundliche Ergänzung zur klassischen Förderung - ein Aspekt, der besonders für ESG-orientierte Investoren von Bedeutung ist.

Die Rolle der LBMA im Wandel

Die London Bullion Market Association positioniert sich zunehmend als globale Instanz für Markttransparenz und Standardsetzung. Neben der Zertifizierung von Raffinerien und der Pflege von „Good Delivery“-Listen engagiert sich die LBMA in multilateralen Dialogen mit Regulierungsbehörden, NGOs und Marktteilnehmern. Ziel ist es, einheitliche Standards zu schaffen, die sowohl die Integrität des Handels als auch das Vertrauen der Anleger sichern.

Fazit: Gold bleibt verlässlich - unter klaren Bedingungen

Ruth Crowell zeichnete in Frankfurt ein differenziertes Bild des Goldmarktes: robust, aber anspruchsvoll; globalisiert, aber auf Vertrauen angewiesen. Ihr Fazit lautete: „Wir haben genug Gold - aber wir müssen mehr tun, um seine Herkunft, seinen Handel und seine Wirkung transparent zu machen.“ In einem zunehmend komplexen Finanzumfeld bleibe Gold ein stabiler Wert - wenn es unter klaren, nachvollziehbaren und verantwortungsvollen Bedingungen gehandelt werde.

 

Biografie: Als CEO der LBMA ist Ruth Crowell für die Governance, die wirtschaftliche Weiterentwicklung und die Transparenzinitiative des LBMA und des Loco London Edelmetallmarktes verantwortlich. Ihre Erfahrung als Expertin für Menschenrechte ermöglichte die erfolgreiche Einführung des LBMA Responsible Sourcing Programme, das alle Good Delivery-Refiner umfasst und 92 % des weltweit jährlich geförderten Goldes abdeckt. Darüber hinaus ist sie Non-Executive Director bei Wilton Park (einer Exekutivagentur des britischen Außenministeriums) und Treuhänderin der Organisation Human Rights at Sea. Zudem ist sie stellvertretende Vorsitzende der OECD Multi-Stakeholder Governance Group für verantwortungsbewusste Rohstoffbeschaffung.

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Michael Eubel, BayernLB

Lieber physisch, lieber nicht-physisch? Silber und die Platinmetalle als Stiefkinder der Investoren.

Silber und die Platinmetalle - unterschätzte Edelmetalle mit Potenzial und Herausforderungen

Silber, Platin und Palladium stehen häufig im Schatten von Gold - zu Unrecht, wie Michael Eubel, Direktor und Abteilungsleiter Edelmetalle bei der BayernLB, beim ZukunftsForum Edelmetalle 2025 betonte. In seinem Vortrag zeichnete er ein differenziertes Bild der sogenannten „weißen Metalle“, die gleichermaßen Industriegrundstoffe und Investmentvehikel sind - mit jeweils ganz eigenen Dynamiken, Chancen und Risiken.

Zwischen Werkstoff und Wertanlage: Die Sonderrolle von Silber

Silber nimmt unter den Edelmetallen eine Doppelrolle ein: Es ist industriell kaum ersetzbar, aber auch bei Anlegern beliebt. „Silber ist kein klassisches Krisenmetall wie Gold, sondern ein Hybrid zwischen Werkstoff und Wertaufbewahrungsmittel“, erklärte Eubel. Diese Sonderstellung spiegele sich auch in der Preisentwicklung wider: Der industrielle Bedarf steigt weiter, doch die Investmentnachfrage schwankte zuletzt stark - nicht zuletzt durch regulatorische Eingriffe wie das Ende der Differenzbesteuerung in Deutschland im Jahr 2023.

Physisch oder nicht-physisch - eine Frage des Zugangs

Eubel stellte verschiedene Formen des Investments in die weißen Metalle vor - vom klassischen Barren und Münzkauf über ETFs mit physischer Hinterlegung bis hin zu Minenaktien oder Zertifikaten. Dabei machte er deutlich: „Der Zugang zum Markt entscheidet oft über die Wahrnehmung des Metalls.“ Während Gold emotional stark aufgeladen sei, spielten bei Silber und Platin vor allem Preis, Volatilität und Steueraspekte eine Rolle. Gerade bei Platinmetallen sei der physische Erwerb außerhalb von Zollfreilagern wegen der Mehrwertsteuer wenig attraktiv.

Platinmetalle: Industrielle Bedeutung, aber Investitionsstau

Platin und Palladium sind zentrale Rohstoffe für Katalysatoren, Sensoren und Elektronik - und damit essenziell für die Automobil-, Chemie- und Energieindustrie. Allerdings: „Die Nachfrage der Autoindustrie ist rückläufig, vor allem bei Palladium“, warnte Eubel. Grund dafür sei die zunehmende Verbreitung von E-Mobilität und der schleichende Bedeutungsverlust des Ottomotors. Gleichzeitig sorgten politische Unsicherheiten - insbesondere in Südafrika, dem Hauptförderland - für Angebotsrisiken.

Der Silberausblick 2025: Volatilität schreckt ab

Für das laufende Jahr erwartet Eubel beim Silber eine weiterhin enge Korrelation mit dem Goldpreis. Die hohe Volatilität jedoch wirke abschreckend auf viele Privatanleger. Zudem sei in der Industrie bereits ein Trend erkennbar, Silber durch günstigere Metalle zu substituieren - beispielsweise in der Photovoltaik. Dennoch bleibe Silber mittelfristig ein wichtiges Anlagemetall: „Nicht als ultimative Versicherung wie Gold, aber als spekulative Beimischung durchaus interessant“, so Eubel.

Platin 2025: Mehr Chancen als bei Palladium

Beim Platin sieht Eubel ein freundlicheres Bild: Aufgrund einer soliden fundamentalen Lage - etwa durch seine Rolle im Wasserstoff-Sektor und in der Schmuckindustrie - könnte das Metall 2025 an Attraktivität gewinnen. Zwar gebe es geopolitische Unsicherheiten, insbesondere in Südafrika, aber das Förderpotenzial sei grundsätzlich gegeben. Die Nachfrage aus der Schmuckindustrie dürfte leicht anziehen, was zusätzliche Impulse geben könnte.

Palladium unter Druck: Rückläufige Anwendungen, begrenzte Alternativen

Düsterer fällt der Ausblick für Palladium aus. Die Nachfrage aus der Autoindustrie - einst Haupttreiber des Marktes - droht zu kollabieren. Auch neue industrielle Anwendungen seien derzeit nicht in Sicht. Eubel hält es daher für wahrscheinlich, dass Palladium 2025 in der Gunst der Anleger weiter zurückfällt. Lediglich geopolitische Faktoren wie Sanktionen gegen Russland oder US-Zölle könnten den Preis stützen - allerdings ohne nachhaltige Fundamentaldaten.

Historische Entwicklung und Marktdaten: Eine differenzierte Betrachtung

Eubel unterlegte seine Analyse mit umfangreichen Datenreihen - etwa zur Entwicklung der Silber-, Platin- und Palladiumpreise seit den 1980er Jahren. Besonders deutlich zeigte sich dabei die unterschiedliche Preisvolatilität der Metalle. Während Gold vergleichsweise stabil blieb, unterlagen die weißen Metalle teils heftigen Ausschlägen - ein Faktor, der sie für risikoscheue Anleger weniger attraktiv macht, zugleich aber spekulative Chancen eröffnet.

Industrielle Relevanz bleibt hoch - trotz sinkender Sichtbarkeit

Trotz aller Marktschwächen hob Eubel die strategische Bedeutung der Platinmetalle hervor. Ohne sie wären viele Hightech-Anwendungen - von medizinischen Geräten über Wasserstofftechnologien bis hin zu Glasfasern - nicht denkbar. Dabei erinnerte er daran, dass Platinmetalle fast ausschließlich als Beiprodukt gefördert würden - vor allem in Südafrika und Russland. „Das macht sie noch sensibler für geopolitische Verwerfungen“, so sein Hinweis.

Edelmetallinvestment muss differenziert betrachtet werden

Ein zentrales Anliegen Eubels war es, nicht alle Edelmetalle über einen Kamm zu scheren. Jedes Metall habe eigene Marktmechanismen, Förderstrukturen und Anwendungsbereiche. Anleger müssten diese Unterschiede verstehen, bevor sie investieren. „Silber, Platin und Palladium sind keine kleinen Brüder des Goldes - sondern eigenständige Assetklassen mit eigenen Dynamiken“, betonte er.

Fazit: Weißmetalle brauchen Aufmerksamkeit - und Strategien

Michael Eubels Vortrag war ein Plädoyer für eine differenzierte Betrachtung der Edelmetallmärkte. Während Gold weiterhin dominiert, schlummern in Silber und den Platinmetallen sowohl Risiken als auch Potenziale. Die Botschaft an Anleger lautete: Wer mit diesen Metallen arbeitet, sollte nicht nur auf Kurscharts schauen, sondern auch industrielle Trends, geopolitische Lagen und steuerliche Rahmenbedingungen einbeziehen.

 

Biografie: Michael Eubel, diplomierter Bankbetriebswirt (BA), begann seine Karriere 1987 bei einer VR-Bank in Nordhessen. Über die DZ Bank führte ihn sein Weg nach Frankfurt und Berlin, bevor er 1999 zur BayernLB wechselte. 2006 stieg er in das Edelmetallgeschäft ein und übernahm 2010 die Leitung des Kompetenzzentrums Sorten/Edelmetalle der BayernLB. Seitdem brennt er für Edelmetalle. Er ist 56 Jahre alt, verheiratet und hat zwei Kinder.

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Philipp Goetzl-Mamba, Tradium GmbH

Und dann wären da noch Lithium, Seltene Erden etc. Nur Mode- oder ein echtes Thema für institutionelle Investoren? Und was denkt die Industrie darüber, dass Investoren hier mitmischen?

„Kein modernes und sicheres Leben ohne strategische Metalle“ - Sachwertinvestments jenseits von Gold

Technologiemetalle wie Gallium, Germanium oder Seltene Erden tauchen in keinem klassischen Edelmetallportfolio auf - und sind dennoch unverzichtbar für eine moderne, digitale und verteidigungsfähige Gesellschaft. Philipp Götzl-Mamba, Senior Manager Handel bei Tradium GmbH, erläuterte beim ZukunftsForum Edelmetalle 2025 eindrucksvoll, warum strategische Metalle zunehmend als Sachwerte in den Fokus institutioneller und privater Anleger rücken. „Diese Rohstoffe sind systemrelevant - wirtschaftlich wie sicherheitspolitisch“, so sein Fazit.

Mehr als nur ein Modethema

Der Vortrag stellte gleich zu Beginn klar: Es handelt sich nicht um eine kurzlebige Trendbewegung, sondern um eine strukturelle Entwicklung. Gallium, Germanium, Dysprosium oder Neodym sind zentrale Komponenten in Chips, Solaranlagen, Glasfasertechnik, Magneten und Nachtsichtgeräten - kurz: in vielen Schlüsseltechnologien des 21. Jahrhunderts. „Die Zahl der Anwendungen wächst - aber die Verfügbarkeit dieser Metalle bleibt begrenzt“, betonte Götzl-Mamba.

Abhängigkeit von China: Ein geopolitisches Risiko

Besonders brisant ist die geopolitische Dimension: Über 90 % der Weltproduktion von Gallium und Germanium stammen aus China. Seit Ende 2024 unterliegt deren Export in die USA auch dann Beschränkungen, wenn Käufer aus Drittstaaten agieren. „Wir stehen am Anfang eines neuen Rohstoff-Kalten-Kriegs“, warnte Götzl-Mamba. Europa befinde sich derzeit noch in einer Zuschauerrolle - dabei seien die Metalle für Verteidigung, Energietechnik und Digitalisierung unerlässlich.

Gallium & Germanium: Systemrelevant und unter Druck

Anhand der beiden Fallbeispiele Gallium und Germanium zeigte der Referent, wie eng Produktion, Nachfrage und Politik heute verflochten sind. Beide Metalle sind Nebenprodukte der Zink- und Aluminiumherstellung, schwierig zu recyceln und hoch spezialisiert in der Anwendung. Bei Gallium liegt die globale Nachfrage bei rund 1.000 Tonnen pro Jahr, bei Germanium bei etwa 360 Tonnen - Tendenz steigend. Ein Angebotsausfall hätte unmittelbare Auswirkungen auf Hightech-Industrien, insbesondere in Europa.

Seltene Erden: Technologisch unverzichtbar, wirtschaftlich problematisch

Seltene Erden - vor allem in der Magnetproduktion - sind eine weitere Säule strategischer Rohstoffe. Rund 30 % der Magnetnachfrage stammt aus der Elektromobilität, weitere 16 % aus der Klimatechnik. Trotz ihrer Bedeutung leiden diese Rohstoffe derzeit unter einem Preisverfall, der selbst chinesische Produzenten belastet. Das macht Investitionen risikoreich - aber auch chancenreich. „Die Märkte sind klein, aber die Wirkung groß“, erklärte Götzl-Mamba.

Recycling bleibt Herausforderung

Ein weiteres strukturelles Problem: Die Recyclingquoten strategischer Metalle sind extrem niedrig. Wegen der geringen Einsatzmengen und komplexen Legierungen ist eine wirtschaftliche Rückgewinnung bisher kaum möglich. Die Folge: Fast alle Rohstoffe müssen neu gefördert werden - oft unter schwierigen politischen und ökologischen Bedingungen. Auch deshalb fordert die EU in ihrem Critical Raw Materials Act mehr Eigenförderung und Diversifikation.

Strategische Metalle als Sachwert: Chancen und Grenzen

Als Investment bieten strategische Metalle eine interessante Diversifikation - insbesondere für Anleger, die Sachwerte mit Realnutzen bevorzugen. Allerdings betonte Götzl-Mamba auch die Grenzen: Die geringe Marktliquidität, die Lagerkosten und die Mehrwertsteuerpflicht (außer bei Verwahrung in Zollfreilagern) erfordern spezifische Kenntnisse und geeignete Partner. „Es ist kein Massenprodukt - aber ein intelligenter Baustein für zukunftsorientierte Portfolios.“

Verteidigung, Energie, Hightech - Rohstoffe der nächsten Dekade

Der sicherheitspolitische Paradigmenwechsel bildet den übergeordneten Rahmen. Rohstoffe wie Gallium und Germanium sind nicht nur wirtschaftlich, sondern strategisch wichtig: in der Verteidigung, im Energiesektor, in der Mikroelektronik. „Technologische Souveränität beginnt mit Rohstoffsouveränität“, so die zentrale These. Europa müsse hier dringend aufholen - durch Eigenförderung, strategische Reserven und gezielte Investitionsanreize.

Industrie versus Investoren: Zwei Seiten einer Lieferkette

Auch die Perspektive der Industrie war Teil des Vortrags: Nicht jeder Rohstoffproduzent sieht Investoren in „seinem“ Markt gerne. Die zusätzliche Nachfrage kann Preise treiben und Rohstoffbeschaffung für industrielle Anwendungen verteuern. Götzl-Mamba warb deshalb für ein ausgewogenes Zusammenspiel von Produzenten, Verarbeitern und Investoren - idealerweise im Rahmen langfristiger Partnerschaften.

Fazit: Strategische Metalle verdienen strategisches Denken

Philipp Götzl-Mamba plädierte für einen nüchternen, faktenbasierten Umgang mit strategischen Metallen - jenseits von Gold, aber nicht jenseits von Vernunft. Die Anlageklasse sei klein, volatil und technisch - aber mit großer Zukunft. Wer sich intensiver mit diesem Markt beschäftige, könne ökonomische Chancen nutzen und gleichzeitig zur Rohstoffsicherheit beitragen. „Es braucht Expertise, Weitblick - und die Bereitschaft, Neues zu denken.“

 

Biografie: Philipp Götzl-Mamba ist seit August 2021 Senior Manager Precious Metals bei der TRADIUM GmbH und verantwortet den Ausbau des Edelmetallbereichs. Nach seiner Ausbildung zum Industriekaufmann bei Heraeus begann er im Vertrieb für Edelmetallchemikalien, bevor er 2014 in den Edelmetallhandel wechselte und parallel sein B.A.-Studium abschloss. Seine umfassende Marktexpertise trägt zur Entwicklung von TRADIUM als führende Rohstoffmarke im Bereich Strategische Metalle bei. Er ist verheiratet und Vater von drei Kindern.

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Christian Hiller von Gaertringen, Africa Partners GmbH

Afrika als sicherer Edelmetall- und Rohstofflieferant? Am Beispiel von Westafrika für Gold bzw. Südafrika und Zimbabwe für die unverzichtbaren Platinmetalle: wie sieht die Situation aktuell aus, welche Rolle spielen Russland und China, was bringt die Zukunft?

Tolle Aussichten? Westafrika und das südliche Afrika als Hauptherkunftsländer für Gold

Afrika zählt zu den rohstoffreichsten Regionen der Welt - und dennoch gilt der Kontinent vielerorts als politisch fragil. Beim ZukunftsForum Edelmetalle 2025 in Frankfurt zeichnete der Finanzjournalist Christian Hiller von Gaertringen ein differenziertes Bild der zwei wichtigsten Goldförderregionen Afrikas: Westafrika und das südliche Afrika. „Die geologischen Voraussetzungen sind hervorragend - doch die politische Realität bleibt kompliziert“, so Hiller.

Mythos Gold - zwischen Geschichte und Gegenwart

Gold hat auf dem afrikanischen Kontinent eine lange und symbolträchtige Tradition. Schon Mansa Musa I., Herrscher des mittelalterlichen Mali-Reichs, transportierte so viel Gold nach Mekka, dass er die Wirtschaft Ägyptens ins Wanken brachte. Heute tragen Länder wie Ghana, Mali, Burkina Faso und Südafrika gemeinsam rund 27 % zur weltweiten Goldproduktion bei - mit jährlichen Fördermengen im dreistelligen Tonnenbereich.

Westafrika: Großes Potenzial, große Risiken

Vor allem der sogenannte Trans-Sahara-Gürtel - von Guinea über Mali bis Burkina Faso - beherbergt immense Goldvorkommen. Doch vielerorts findet der Abbau im informellen oder illegalen Rahmen statt. Die Region ist geprägt von Staatsstreichen, dschihadistischem Terror und geopolitischer Einflussnahme. „Westafrika steht am Rand zur Failed Region“, warnte Hiller. Der Fall von Resolute Mining, dessen CEO in Mali zehn Tage festgehalten wurde, ist dabei nur ein Beispiel für die prekäre Sicherheitslage.

Südafrika: Stabilisierung mit historischem Rückhalt

Ganz anders zeigt sich die Situation im südlichen Afrika. Südafrika blickt auf eine über 150-jährige Goldabbau-Tradition zurück, deren Ursprung auf die Entdeckung reicher Lagerstätten im Raum Johannesburg zurückgeht. Heute dominieren internationale Minenkonzerne und große südafrikanische Unternehmen den Markt. Der Abbau erfolgt meist unter Tage - technisch aufwändig, aber geologisch lohnend. Nach der historischen Wahl 2024, bei der der ANC seine Mehrheit verlor, wächst die Hoffnung auf politische Erneuerung: „Die Perspektiven für eine verlässliche Rohstoffpolitik hellen sich auf“, so Hiller.

Der Blick nach vorn: Konzentration und Standardisierung

Der Goldmarkt auf dem afrikanischen Kontinent befindet sich im Wandel. Hiller prognostiziert eine zunehmende Konzentration unter den Produzenten und eine stärkere Orientierung an internationalen ESG-Standards. Gerade in Südafrika, das nach IWF-Prognosen in den kommenden Jahren wieder moderates Wachstum zeigen dürfte, sei eine Professionalisierung der Bergbauverwaltung absehbar.

China, Russland und die globale Konkurrenz

Nicht unerwähnt ließ Hiller die geopolitischen Ambitionen anderer Weltmächte. Russland und China sichern sich zunehmend Einfluss in rohstoffreichen Regionen Afrikas - teils mit direkten Investitionen, teils durch militärische Präsenz. „Die großen Flugzeuge, die nachts landen und Rohstoffe verladen, sind kein Mythos - sondern Realität“, so Hiller pointiert.

Spannungsfeld zwischen Entwicklung und Ausbeutung

Die internationale Goldnachfrage bleibt hoch - doch sie trifft auf fragile Staaten mit schwacher Governance. Hiller sprach sich für einen nachhaltigen Investitionsansatz aus, der sowohl auf Rechtssicherheit als auch auf lokale Wertschöpfung setzt. Die derzeitige Praxis, bei politischem Risiko einfach weiterzuziehen, sei langfristig weder für Investoren noch für die Bevölkerung tragfähig.

Regionale Unterschiede, globale Bedeutung

Während in Westafrika vor allem tageslichtbasierte Abbaumethoden dominieren, bietet der Untertagebau in Südafrika höhere Erträge bei besserer technischer Kontrolle. Der internationale Rohstoffmarkt wird daher auch künftig stark von afrikanischen Entwicklungen beeinflusst - sowohl in Bezug auf Angebotssicherheit als auch auf ESG-Kriterien.

Forderung nach klarer Strategie Europas

Ein Appell Hillers galt der europäischen Politik: Europa dürfe sich in der Rohstofffrage nicht abhängen lassen. Statt sich auf volatile Märkte zu verlassen, brauche es strategische Partnerschaften und langfristige Investitionen in afrikanische Förderregionen - mit Fokus auf Nachhaltigkeit und politischer Stabilität.

Fazit: Gold aus Afrika - Zukunft mit Bedingungen

Afrika bleibt ein zentraler Lieferant für den globalen Edelmetallmarkt. Doch die Herausforderungen sind vielschichtig: „Ohne politische Stabilität wird kein nachhaltiger Rohstoffhandel möglich sein“, bilanzierte Hiller. Das ZukunftsForum bot mit diesem Vortrag einen realistischen, differenzierten Blick auf eine Region im Spannungsfeld zwischen Ressourcenreichtum und geopolitischer Fragilität.

 

Biografie: Christian Hiller von Gaertringen ist ein erfahrener Wirtschaftsjournalist mit Fokus auf Finanzmärkte und Wirtschaftsentwicklungen in Afrika. Er veröffentlicht den wöchentlichen Blog Capital News Africa. Nach seinem Studium der Wirtschaftswissenschaften in Lyon und Wien schloss er 1990 die Maîtrise an der Université Lumière Lyon 2 ab. Seine journalistische Laufbahn begann er mit einem Volontariat an der Georg-von-Holtzbrinck-Schule für Wirtschaftsjournalisten. Anschließend arbeitete er als Redakteur für Wirtschaftswoche, Die Welt, Le Monde und 16 Jahre lang für die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ). Er ist Autor mehrerer Bücher.

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Dr. Michael Liesegang, Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe

Rohstoffstrategie und Rohstoffpolitik. Wie stellen sich Deutschland und Europa im Kampf um knappe Rohstoffe derzeit und in Zukunft strategisch auf?

Rohstoffe unter Druck - Wie Deutschland und Europa ihre Versorgung strategisch absichern wollen

„Deutschland ist ein rohstoffreiches Land - und trotzdem hochgradig importabhängig.“ Mit dieser Diagnose eröffnete Dr. Michael Liesegang von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) seinen Vortrag beim ZukunftsForum Edelmetalle 2025. Als Leiter der Deutschen Rohstoffagentur (DERA) gab er einen umfassenden Einblick in die Herausforderungen und Strategien der deutschen und europäischen Rohstoffpolitik - zwischen geopolitischem Wandel, wachsender Kritikalität und steigender globaler Nachfrage.

Kritische Rohstoffe - zwischen Verfügbarkeit und Abhängigkeit

Die Liste der als kritisch oder strategisch eingestuften Rohstoffe wird immer länger: Lithium, Gallium, Seltene Erden, Platingruppenmetalle, Graphit - sie alle sind essenziell für Zukunftstechnologien wie Elektromobilität, Digitalisierung oder Rüstung. Deutschland bezieht viele dieser Metalle zu über 70 % aus einzelnen Lieferländern - insbesondere aus China. Beispiel Gallium: Hier stammt 90 % der globalen Produktion aus der Volksrepublik. Liesegang warnte: „Einseitige Abhängigkeiten sind keine Option für eine resiliente Industrie.“

Rohstoffpolitik: Unternehmen in der Pflicht, Staat als Ordnungsrahmen

Zentraler Punkt der deutschen Rohstoffstrategie ist laut Liesegang die klare Rollenverteilung: „Die Hauptverantwortung für die Versorgung liegt bei den Unternehmen.“ Der Staat schaffe mit seiner Politik lediglich den Rahmen - etwa durch Monitoring, Förderung strategischer Projekte und internationale Partnerschaften. Ziel sei die Diversifikation der Bezugsquellen, der Aufbau von Recyclingkapazitäten und die Zusammenarbeit mit Partnerländern zur Umsetzung hoher ESG-Standards.

Recycling als Pfeiler, nicht als Allheilmittel

Trotz der hohen Bedeutung des Recyclings stellte Liesegang klar: „Sekundärrohstoffe können den Primärbedarf nicht ersetzen.“ Aktuell liegt der Recyclingwert für 11 Metalle in Deutschland bei rund 34 Milliarden Euro - das entspricht etwa einem Drittel der gesamten Metallimporte. Für Spezialmetalle hingegen fehlen häufig belastbare Daten und technische Voraussetzungen. Dennoch sieht die nationale Strategie hier enormes Potenzial - und will mit einer Kreislaufwirtschaftsstrategie gezielt Hürden abbauen.

Der Nationale Rohstofffonds - Hebel für strategische Projekte

Ein Novum in der deutschen Rohstoffpolitik ist der Nationale Rohstofffonds, der 2025 seine Arbeit aufgenommen hat. Er soll mit bis zu einer Milliarde Euro strategische Projekte im Rohstoffabbau, in der Verarbeitung und im Recycling unterstützen - in Deutschland und weltweit. Die KfW prüft Projekte, die DERA liefert die fachliche Begleitung. Gefördert werden nur Rohstoffe, die nach EU-Definition als kritisch oder strategisch gelten. „Wir wollen gezielt Resilienz aufbauen - nicht überall, sondern dort, wo es am wichtigsten ist“, so Liesegang.

Die EU zieht mit: Der Critical Raw Materials Act

Auf europäischer Ebene sorgt der „Critical Raw Materials Act“ (CRMA) für zusätzlichen Rückenwind. Er legt Quoten fest - etwa dass nicht mehr als 65 % eines kritischen Rohstoffs aus einem einzigen Drittstaat stammen dürfen - und fördert strategische Projekte entlang der gesamten Lieferkette. Bis Anfang 2025 gingen bei der EU-Kommission bereits 170 Projektanträge ein - elf davon aus Deutschland. Die Umsetzung erfolgt unter Einbeziehung der Mitgliedstaaten und ihrer Fachinstitutionen wie der DERA.

Marktanalysen, Preismonitoring, Risikoabschätzung

Ein zentrales Arbeitsfeld der DERA ist das Rohstoffmonitoring: Sie analysiert regelmäßig 79 Rohstoffe hinsichtlich Verfügbarkeit, Preisentwicklung und Marktrisiken. Für 2025 ist ein neuer Bericht zu Seltenen Erden, Mangan und Vanadium angekündigt. Daneben erstellt die Agentur Studien zu Rohstoffen für Zukunftstechnologien, identifiziert strategische Projekte und berät Industrieunternehmen bei der Rohstoffbeschaffung. Liesegang betonte: „Daten und Wissen sind entscheidend, um strategische Entscheidungen treffen zu können.“

Internationaler Schulterschluss: Das Minerals Security Partnership

Um die Versorgung global abzusichern, engagiert sich Deutschland auch im „Minerals Security Partnership“ - einer Allianz von mehr als 15 Staaten und der EU-Kommission. Ziel ist der Aufbau verantwortungsvoller, belastbarer Lieferketten für kritische Rohstoffe, unter hohen ESG-Standards. Partnerländer sind unter anderem Kanada, Australien, USA, Japan und Südkorea. Ein weiteres Instrument: das German Mining Network, das Kontakte zu Abbau- und Projektländern wie Ghana, Peru, Brasilien oder der Mongolei pflegt.

Kreislaufwirtschaft, Digitalisierung, Innovation

Die deutsche Kreislaufwirtschaft soll zur zweiten Rohstoffquelle werden - etwa durch die Entwicklung digitaler Plattformen zur Rückverfolgbarkeit, vereinfachte Abfallregelungen und Anreize für umweltgerechtes Design. Parallel dazu entstehen neue Regelungen, etwa für das Ende der Abfalleigenschaft von Baustoffen, oder digitale Produktpässe (DPP). Dabei setzt die Bundesregierung zunehmend auf die Idee von „Reallaboren“ zur praktischen Erprobung von Innovationen.

Fazit: Viel zu tun - aber die Richtung stimmt

Dr. Michael Liesegang fasste zusammen: „Rohstoffpolitik ist Sicherheitspolitik.“ Die Kombination aus globalem Wettbewerb, technologischem Wandel und geopolitischen Spannungen erfordere neue Denk- und Handlungsweisen. Deutschland und die EU seien auf einem guten Weg - mit klaren Strategien, neuen Instrumenten und wachsendem Problembewusstsein. Entscheidend sei nun die Umsetzung - in Partnerschaft zwischen Staat, Wirtschaft und Wissenschaft.

 

Biografie: Dr. Michael Liesegang ist promovierter Metallurge und begann seine Karriere als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der TU Clausthal. Nach seiner Promotion 1998 zur pyrometallurgischen Kupferraffination übernahm er leitende Positionen in der Metallverarbeitung und -recyclingbranche. Internationale Erfahrung sammelte er als Projektleiter in Kanada, Australien und Island. Seit November 2021 ist er Wissenschaftler und Projektleiter bei der Deutschen Rohstoffagentur in der BGR, Berlin. Er verfügt über umfassende Expertise in Metallurgie, Rohstoffmanagement und Recycling.

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John Mulligan, World Gold Council

Gold’s ESG and Sustainability Impacts

Gold und Nachhaltigkeit: ESG als Schlüssel für die Zukunft des Edelmetallsektors

Der Goldsektor befindet sich in einem tiefgreifenden Wandel. Der World Gold Council (WGC) sieht sich als Vorreiter dieses Prozesses - mit einem klaren Ziel: Gold nicht nur als strategischen Vermögenswert, sondern auch als nachhaltiges und ethisch vertretbares Produkt zu positionieren. John Mulligan, Head of Sustainability Strategy beim WGC, präsentierte auf dem ZukunftsForum Edelmetalle 2025 die zentralen ESG-Initiativen und Nachhaltigkeitsziele der Branche.

Im Zentrum seines Vortrags standen die „Responsible Gold Mining Principles“ (RGMPs), ein umfassender Rahmen für verantwortungsbewussten Goldbergbau. Dieser wurde gemeinsam mit zivilgesellschaftlichen Organisationen, Investoren, Regierungen und Marktakteuren entwickelt. Die Einhaltung wird öffentlich dokumentiert und unabhängig geprüft - ein klares Signal für Transparenz und Glaubwürdigkeit.

Wirtschaftliche Bedeutung mit sozialem Anspruch

Gold ist mehr als ein Wertspeicher - es ist ein wirtschaftlicher Motor für viele Länder des globalen Südens. John Mulligan betonte auf dem ZukunftsForum Edelmetalle, dass die Mitgliedsunternehmen des World Gold Council im Jahr 2023 über 60 Milliarden US-Dollar direkt in ihre jeweiligen Gastländer eingebracht haben - durch Lieferantenzahlungen, Löhne und Abgaben an den Staat.

Zudem beschäftigt der Goldbergbau direkt über 213.000 Menschen, weitere 160.000 arbeiten als Auftragnehmer für die Branche. Mulligan unterstrich, dass rund 95 Prozent der Belegschaft aus dem jeweiligen Land stammen - ein wichtiger Beitrag zu lokaler Wertschöpfung und wirtschaftlicher Entwicklung. Jeder Arbeitsplatz im formellen Goldsektor schafft laut Mulligan bis zu zehn weitere in der Region.

Die Schattenseite: Herausforderungen im Kleinbergbau

Ein bedeutender Teil des Vortrags von John Mulligan widmete sich dem sogenannten ASGM-Sektor (Artisanal and Small-Scale Gold Mining). Rund 15 Millionen Menschen weltweit sind direkt im informellen Kleinbergbau tätig, der etwa 20 Prozent der weltweiten Neuproduktion ausmacht - jedoch meist außerhalb gesetzlicher Rahmenbedingungen operiert.

Mulligan wies eindrücklich auf die damit verbundenen Risiken hin: Umweltzerstörung, Gesundheitsgefahren durch Quecksilber, Kinderarbeit, Geldwäsche und fehlende Marktanbindung. Der World Gold Council setzt sich deshalb für die Formalisierung des Sektors ein - mit dem Ziel, Entwicklungschancen zu eröffnen, illegale Strukturen zu schwächen und nachhaltige Standards auch im Kleinbergbau zu etablieren.

Klimawandel: Dekarbonisierung als Branchenstrategie

Ein weiteres zentrales Thema des Vortrags war der Klimawandel. Rund 99 Prozent der Emissionen in der Gold-Wertschöpfungskette entfallen laut Mulligan auf den Goldbergbau selbst - vor allem durch fossile Stromerzeugung. Eine Dekarbonisierung dieses Sektors sei daher nicht nur möglich, sondern aus Sicht des World Gold Council auch wirtschaftlich zunehmend sinnvoll.

John Mulligan präsentierte auf dem ZukunftsForum Edelmetalle konkrete Lösungsansätze: etwa die Umstellung auf erneuerbare Energien an abgelegenen Bergbaustandorten, die Integration von Net-Zero-Zielen in Unternehmensstrategien und die Berücksichtigung von CO₂-Preisrisiken in Investmententscheidungen. Gold könne so auch als klimaresilienter Portfolio-Baustein positioniert werden.

Anpassung an physische Risiken und Förderung von Resilienz

Neben der Reduktion von Emissionen beleuchtete John Mulligan auch die physischen Auswirkungen des Klimawandels auf den Goldbergbau. Extremwetter, Wasserknappheit, soziale Spannungen und Krankheiten gefährden zunehmend die Stabilität vieler Abbauregionen. Besonders betroffen: ärmere Regionen mit geringer Widerstandskraft.

Mulligan plädierte für vorausschauende Anpassungsstrategien - etwa durch Einbeziehung indigener Wissenssysteme, Zusammenarbeit mit lokalen Akteuren und systematische Risikoanalysen. Ziel sei es, nicht nur die Bergbauinfrastruktur zu schützen, sondern auch die Widerstandsfähigkeit der umliegenden Gemeinschaften zu stärken.

Gemeinsame Standards: Die neue Branchen-Deklaration

Zum Abschluss seines Vortrags stellte John Mulligan die „Gold Industry Declaration of Responsibility and Sustainability Principles“ vor. Dieses branchenweite Bekenntnis zu verantwortungsvoller Unternehmensführung wurde von zahlreichen Akteuren der globalen Edelmetallbranche unterzeichnet - darunter LBMA, SBMA, CGA, LME und weitere.

Die Erklärung umfasst konkrete ESG-Ziele: Schutz der Menschenrechte, Förderung von Diversität, Klimaberichterstattung, Reduktion von Emissionen, Unterstützung von ASGM und transparente Berichterstattung. Für Mulligan ist dies ein klares Zeichen: Die Branche bewegt sich weg von freiwilligen Einzelinitiativen - hin zu verbindlichen, international abgestimmten Standards.

 

Biografie: John Mulligan ist Director of Sustainability Strategy beim World Gold Council und leitet das Forschungsprogramm zu Klimawandel sowie den Dialog mit Investoren und Stakeholdern. Zudem trägt er zur Marktanalyse und Kommunikation des World Gold Council bei. Seit seinem Eintritt 2005 arbeitete er zunächst in der Investmentforschung und später an Projekten zu den sozioökonomischen und nachhaltigen Auswirkungen von Gold. Mit über 25 Jahren Erfahrung in den Finanzmärkten hatte er leitende Positionen in Geschäftsentwicklung, Produktmanagement und Marktanalyse inne. Er hat Abschlüsse von der University of Sussex und Birkbeck College, University of London.

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Johan Palmberg, World Gold Council

How do you value Gold?

Biografie: Johan Palmberg ist Senior Quantitative Analyst beim World Gold Council und entwickelt quantitative Modelle, um historische Analysen und Prognosen zu Gold und makroökonomischen Zusammenhängen bereitzustellen. Mit über zehn Jahren Erfahrung in der Edelmetallforschung war er für den World Gold Council, den World Platinum Investment Council und als unabhängiger Berater tätig. Zuvor arbeitete er für einen führenden europäischen Hedgefonds im Rohstoffbereich. Er hat einen MSc in Finance von der Hanken School of Economics in Helsinki, Finnland.

John Reade, World Gold Council

Gold-Investmenttrends – Das globale Bild

Gold bleibt global gefragt - Investmenttrend mit geopolitischem Rückenwind

Gold hat sich in den vergangenen Jahren als herausragender Performanceträger etabliert - und seine Bedeutung als strategischer Wertspeicher deutlich ausgebaut. John Reade, Senior Market Strategist beim World Gold Council in London, zeigte beim ZukunftsForum Edelmetalle 2025 auf, wie sich der globale Goldmarkt strukturell verändert hat - und warum geopolitische Unsicherheit, Zinspolitik und die Rolle der Notenbanken das Edelmetall auch künftig stützen dürften.

Ein Vermögenswert mit historischer Dynamik

Reade begann mit einem eindrucksvollen Rückblick: In den vergangenen 25 Jahren habe sich der Goldpreis mehr als verzwölffacht, in den letzten fünf Jahren verdoppelt. Allein 2024 gehörte Gold zu den erfolgreichsten Anlageklassen weltweit - und auch das Jahr 2025 begann mit einem Plus von über 15 % im ersten Quartal. „Gold hat seinen Platz als globaler Investmentanker gefestigt“, so Reade.

Rekorde bei Nachfrage und Angebot

Im Jahr 2024 erreichte die weltweite Goldnachfrage - einschließlich außerbörslicher Geschäfte (OTC) - mit 4.974 Tonnen einen neuen Höchststand. Auch in Wert gemessen war es ein Rekordjahr. Besonders auffällig: Die Notenbanken kauften erneut über 1.000 Tonnen - das dritte Jahr in Folge. ETF-Bestände blieben stabil, nachdem sie in den drei Jahren zuvor rückläufig waren. Die physische Nachfrage nach Barren und Münzen lag mit 1.186 Tonnen auf Vorjahresniveau. Auch der technologische Einsatz von Gold - vor allem getrieben durch Anwendungen im Bereich Künstliche Intelligenz - stieg um 7 %.

Notenbanken treiben De-Dollarisierung voran

Reade verwies auf eine strukturelle Veränderung: Seit der Finanzkrise 2008 sind Notenbanken weltweit Nettokäufer von Gold - und dies in stetig wachsendem Maße. Dahinter stehe unter anderem die Abkehr vom US-Dollar als alleinige Reservewährung, ausgelöst durch die westlichen Sanktionen gegen Russland. „Viele Zentralbanken haben erkannt, dass der Dollar politisch instrumentalisierbar ist - und setzen zunehmend auf Gold als geopolitisch neutrales Asset.“ Bemerkenswert sei zudem, dass viele Käufe nicht mehr oder nur noch teilweise an den IWF gemeldet würden - ein Hinweis auf zunehmende Intransparenz.

Herausforderungen bei Schmuck und westlichen Investoren

Die hohe Preisentwicklung habe allerdings auch ihre Schattenseiten. In der Schmuckindustrie ging die physische Nachfrage 2024 um 11 % zurück - obwohl der monetäre Umsatz durch höhere Preise leicht anstieg. Während asiatische Märkte weiterhin stabil blieben, zeigte sich in Westeuropa und Nordamerika Zurückhaltung - sowohl bei Schmuckkäufen als auch beim physischen Investment. Reade betonte: „Für einen nachhaltigen Aufwärtstrend braucht Gold auch die Unterstützung westlicher Investoren.“

Perspektiven 2025: Stabilität durch Unsicherheit

Die Prognose des World Gold Council für 2025 bleibt verhalten optimistisch: Ein schwächerer US-Dollar, sinkende Realzinsen, überbewertete Aktienmärkte und anhaltende geopolitische Spannungen dürften die Investmentnachfrage weiter beflügeln. Gleichzeitig bleibe der Druck auf die industrielle Verarbeitung hoch - nicht zuletzt aufgrund des Preisniveaus und einer eingetrübten Weltwirtschaft. Die Angebotsseite ist solide: Der Minenoutput erreichte 2024 ein Rekordhoch, und auch das Recycling legte - durch den Preis stimuliert - deutlich zu.

Gold als geopolitischer Anker

Ein zentraler Punkt von Reades Analyse war die neue Rolle von Gold im geopolitischen Kontext. Es gehe nicht mehr nur um Portfolioabsicherung, sondern zunehmend um Souveränität und wirtschaftliche Unabhängigkeit. Der Trend zur Diversifikation der Währungsreserven, der Aufbau nationaler Goldreserven in Schwellenländern und die geringe Korrelation zu anderen Anlageklassen machten Gold zu einem unverzichtbaren Bestandteil jeder strategischen Allokation.

Private Anleger bleiben ein Faktor

Obwohl institutionelle und staatliche Akteure zunehmend dominieren, bleibt auch das Verhalten privater Anleger von Bedeutung. Reade verwies auf stabile Nachfrage in Asien, insbesondere in Indien. In Deutschland hingegen blieb die Nachfrage nach Münzen und Barren 2024 eher verhalten. „Das Potenzial ist da - entscheidend wird das Vertrauen in die Geldpolitik und die wirtschaftliche Entwicklung Europas sein“, erklärte er.

Transparenz und Datenqualität gewinnen an Bedeutung

Ein weiteres Thema war die wachsende Bedeutung belastbarer Marktdaten. Der World Gold Council erfasst über Marktanalysen, Preisindizes und Berichte detailliert die Entwicklung von Angebot und Nachfrage. Reade betonte, dass Transparenz im Goldmarkt nicht nur regulatorisch, sondern auch investorenpsychologisch von zentraler Bedeutung sei - gerade mit Blick auf ungemeldete Käufe durch Zentralbanken und OTC-Transaktionen.

Fazit: Gold ist mehr als Krisenwährung

John Reade schloss mit einer klaren Botschaft: „Gold ist nicht nur Absicherung in unsicheren Zeiten - es ist ein aktives Element globaler Geld- und Geopolitik.“ Die Märkte hätten dies erkannt, wie der Nachfrageboom der letzten Jahre zeige. Entscheidend für die Zukunft sei, wie konsequent Investoren - institutionell wie privat - Gold als strategisches Asset begreifen und nutzen.

 

Biografie: John Reade ist Market Strategist für Europa und Asien beim World Gold Council und seit 2017 im Londoner Büro tätig. Er entwickelt Strategien für den Goldmarkt, engagiert sich in allen Bereichen der Branche und ist einer der Hauptsprecher der Organisation. Mit über 35 Jahren Erfahrung in der Goldindustrie arbeitete er in der Produktion und Projektbewertung für Minengesellschaften, als Analyst und Goldstratege bei Investmentbanken sowie als Portfolio-Manager bei einem Vermögensverwalter. John Reade hat einen Abschluss in Bergbauingenieurwesen von der Royal School of Mines, Imperial College London.

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Rüdiger Schmitt, Reisebank AG

Gold-Investmenttrends in Deutschland - Nur German Angst der Boomer oder wie erreicht man auch die Generation Z?

Generation Z entdeckt Gold - neue Zielgruppen, neue Motive, neue Sprache

Die junge Generation entdeckt Gold neu - nicht als Relikt vergangener Zeiten, sondern als strategisches Investment mit Werten wie Sicherheit, Nachhaltigkeit und Ehrlichkeit. Rüdiger Schmitt, Leiter Kommunikation bei der Reisebank AG, stellte beim ZukunftsForum Edelmetalle 2025 die neuesten Ergebnisse der Steinbeis-Goldmarktstudie vor. Sein Fazit: „Gold ist angekommen in der Generation Z - aber es braucht eine andere Ansprache und ein erweitertes Werteversprechen.“

Deutschlands Goldliebe bleibt stabil - mit neuen Impulsen

Die Reisebank-Goldstudie zeigt: Gold ist in Deutschland nach wie vor gefragt - besonders in physischer Form. Barren bleiben beliebt, Münzen holen auf. 2024 haben drei Millionen Menschen zum ersten Mal in Gold investiert - ein Rekordwert. Hauptmotiv bleibt der Inflationsschutz, aber auch die realwirtschaftliche Absicherung durch einen physischen Vermögenswert gewinnt an Bedeutung. Die Mehrheit der Anleger ist zufrieden und plant, ihre Bestände zu halten oder aufzustocken.

Generation Z - überraschend goldaffin

Besonders bemerkenswert ist der Befund zur Generation Z (Geburtsjahrgänge ab 1997): 38 % dieser jungen Zielgruppe haben im Jahr 2024 erstmals Gold gekauft - das ist mehr als doppelt so viel wie im Bevölkerungsdurchschnitt (rund 15 %). Die Erklärung? Die Generation Z ist mit Krisenerfahrungen aufgewachsen - Corona, Inflation, Energiepreis-Schocks - und sucht nach langfristiger Stabilität. Gold erfüllt diese Funktion offenbar überzeugend.

Wertewandel: Ehrlichkeit, Nachhaltigkeit und Realwert zählen

Für die GenZ ist der „physische“ Aspekt von Gold entscheidend - als greifbare, ehrliche Wertanlage in einer zunehmend digitalen und volatilen Finanzwelt. Gleichzeitig ist diese Zielgruppe überdurchschnittlich bereit, für nachhaltiges Gold höhere Preise zu akzeptieren. Der günstigste Preis allein zählt für viele nicht mehr - stattdessen gewinnen ESG-Aspekte, Transparenz und ethische Herkunft an Bedeutung. Schmitt betonte: „Die GenZ will wissen, woher ihr Gold kommt - und ob es verantwortungsvoll gewonnen wurde.“

Neue Wege der Kommunikation: Gold trifft Sneaker-Kultur

Die Reisebank setzt bei der Ansprache der jungen Zielgruppen auf einen bewusst anderen Ton: verständlich, direkt, digital. So wirbt sie mit Slogans wie „Jetzt Vermögensaufbau starten - mach’s wie die Profis“ oder „Gold kaufen so einfach wie Sneaker bestellen“. Schmitt betonte: „Wir müssen Gold emotional neu codieren - weg vom Tresorimage, hin zu einem next-level money move.“ Ein Schlüssel zum Erfolg sei dabei die Präsenz auf Social-Media-Kanälen - Hauptinformationsquelle für 68 % der GenZ.

Gold bleibt generationsübergreifend - aber mit unterschiedlichen Motiven

Die Studie zeigt: Während ältere Generationen Gold oft aus Tradition und Sicherheitsdenken („German Angst“) kaufen, geht es bei der GenZ stärker um Selbstbestimmung, Verantwortung und Zukunftsgestaltung. Die Motive wandeln sich - der Wert bleibt. Entscheidend ist, die Sprache der Zielgruppen zu treffen und ihre Lebensrealitäten zu verstehen. Dabei helfen neben Umfragen auch Kooperationen mit Influencern und Bildungsplattformen.

Mehr als ein Produkt - ein Vertrauensthema

Die hohe Zufriedenheit der Käufer mit Gold unterstreicht seine emotionale Stabilität. In unsicheren Zeiten wird Gold zur „emotionalen Reservewährung“. Für junge Menschen ist es zudem ein Einstieg in die Welt des Investierens - mit einem Produkt, das sie als sicher, ehrlich und unabhängig empfinden. Schmitt fasste es pointiert zusammen: „Gold ist nicht nur ein Edelmetall - es ist ein Statement.“

Wachsende Bedeutung für Banken und Handel

Für Banken, Edelmetallhändler und Plattformen eröffnet sich damit ein neues Marktpotenzial. Die Generation Z wird in den kommenden Jahrzehnten erhebliche Vermögensanteile erben - wer sie früh an Edelmetalle heranführt, sichert sich langfristige Kundenbeziehungen. Voraussetzung dafür sind niedrigschwellige digitale Zugänge, flexible Produkte und nachhaltige Glaubwürdigkeit.

Bildung als Schlüssel

Ein zentrales Fazit der Studie: Wer junge Menschen für Gold gewinnen will, muss informieren. Nur wer versteht, wie Gold funktioniert - ökonomisch, ökologisch und historisch -, wird Vertrauen aufbauen. Initiativen zur finanziellen Bildung, gezielte Social-Media-Kampagnen und Kooperationen mit Bildungseinrichtungen sind daher von zentraler Bedeutung.

Fazit: Gold hat Zukunft - wenn es neu gedacht wird

Rüdiger Schmitts Vortrag zeigte: Die GenZ ist bereit für Gold - aber zu ihren Bedingungen. Wer die junge Generation erreichen will, muss mehr bieten als einen aktuellen Preis. Es geht um Vertrauen, Verantwortung und ein glaubwürdiges Narrativ. In einer zunehmend polarisierten Welt bleibt Gold ein verbindendes Element - über Generationen hinweg.

 

Biografie: Rüdiger Schmitt ist Unternehmenssprecher und Edelmetall-Experte der Reisebank, einer Tochter der DZ BANK und Teil der Genossenschaftlichen FinanzGruppe. Die Reisebank zählt zu den umsatzstärksten Edelmetallanbietern Deutschlands und agiert als institutioneller Händler sowie als Kompetenzcenter Edelmetalle für über 600 Finanzinstitute. Seit 2016 ist Rüdiger Schmitt Mitautor der Studie „Goldinvestments: Indikatoren, Motive und Einstellungen von Privatpersonen“, die gemeinsam mit CFin – Research Center for Financial Services der Steinbeis-Hochschule Berlin erstellt wird.

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Nicky Shiels, MKS PAMP SA

Wann kommt der Glanz zurück? Die Situation rund um Angebot und Nachfrage bei Silber.

Silber auf dem Sprung - Warum 2025 das Jahr der Reflation und des Silber-Comebacks werden könnte

Silber hat in den vergangenen Jahren viel von seinem Glanz eingebüßt - zumindest im Vergleich zum großen Bruder Gold. Doch das könnte sich bald ändern. Nicky Shiels, Head of Metals Strategy bei MKS PAMP in New York, skizzierte beim ZukunftsForum Edelmetalle 2025 eine bemerkenswert optimistische Perspektive für das „vergessene“ Edelmetall. Ihre zentrale Prognose: „2025 wird das Jahr der Reflation - und das ist die Stunde des Silbers.“

Silbermarkt vor Angebotsengpass: Strukturelle Defizite voraus

Ein zentrales Argument ihrer Analyse: Das Angebot an Silber ist strukturell unelastisch und stagniert bei rund 1 bis 1,1 Milliarden Unzen jährlich - bei gleichzeitig steigender industrieller Nachfrage. Allein bis 2030 soll diese auf rund 700 Millionen Unzen pro Jahr anwachsen, getragen von der Solar-, Elektronik- und Batterieindustrie. Gleichzeitig erwartet Shiels eine Rückkehr der Investmentnachfrage, die zwischen 2025 und 2029 etwa 300 Millionen Unzen betragen könnte. Das Ergebnis: „Anhaltende Angebotsdefizite in den nächsten fünf Jahren sind wahrscheinlich.“

Politische Unsicherheiten befeuern Edelmetallinteresse

Shiels analysierte auch das makroökonomische Umfeld: Seit der Wiederwahl Donald Trumps seien Märkte und Handelspolitik in Aufruhr geraten. Neue Zölle, ein fragiler US-Konsum und eine unklare Fiskalpolitik führen zu einer Mischung aus Stagflation und Unsicherheit. Besonders betroffen sind globale Lieferketten - Silberimporte in die USA steigen stark, was physische Verwerfungen in anderen Regionen, etwa in London, zur Folge hat. „Die Märkte sind nervös, und Edelmetalle werden erneut als strategisches Asset betrachtet“, so Shiels.

Preise stabil - aber Luft nach oben

Aktuell hält sich Silber technisch stabil über der Marke von 30 $/oz, gestützt durch die Industrie. Ein echter Preisdurchbruch nach oben blieb bislang aus - vor allem wegen ausbleibender Retail- und ETF-Zuflüsse. Doch genau das könnte sich im zweiten Halbjahr 2025 ändern. MKS PAMP prognostiziert einen durchschnittlichen Silberpreis von 36,50 $/oz mit einem möglichen Höchststand von 42 $/oz. Besonders die Korrelation zum US-Dollar und eine erwartete geldpolitische Lockerung der US-Notenbank sprechen für neue Aufwärtsdynamik.

Silber: Der unterschätzte Investmentkandidat

Trotz seiner realwirtschaftlichen Relevanz ist Silber in institutionellen Portfolios unterrepräsentiert - die Bestände machen nur rund 0,1 % der typischen Asset-Allokation aus. Shiels sieht hier einen psychologischen und strategischen Nachholbedarf. Silber habe viele Eigenschaften mit Gold gemein, etwa als sogenanntes „Veblen-Gut“ mit wachsender Attraktivität bei steigendem Preis. Gleichzeitig sei es volatiler - und damit bei Reflation und wachsendem Risikoappetit deutlich chancenreicher.

Regionale Engpässe und Repatriierung als neue Realität

Ein interessanter Befund aus Shiels’ Datenanalyse: Die „Repatriierung“ von Edelmetallen in die USA - also das physische Zurückholen im Zuge der Trump-Zölle - habe bereits 75 Mrd. $ bewegt und übersteige sogar die COVID-bedingten Bewegungen. Besonders betroffen sei der physische Silbermarkt, bei dem in London nur noch Vorräte für etwa 22 Monate verfügbar seien - im Gegensatz zu Gold, wo die Lagerreichweite bei über 100 Monaten liege. „Wir sehen regionale Engpässe, die sich auf den Preis auswirken könnten.“

Technologietrends und grüne Nachfrage als zusätzliche Treiber

Neben Makrotrends betonte Shiels auch die Rolle technologischer Entwicklungen. Silber sei unverzichtbar für die Energiewende - insbesondere für Photovoltaik und Elektromobilität. Der langfristige Green-Tech-Boom wirke wie ein struktureller Nachfragemotor. Parallel sorge der hohe physische Verbrauch für eine Marktenge, die sich durch Nachschubprobleme in Minenregionen weiter verschärfen könne.

Silber als Signal für das Ende des Goldzyklus?

Eine spannende Hypothese: Laut Shiels könnte ein massiver Ausbruch beim Silberpreis auch ein Indikator dafür sein, dass Gold seinen langfristigen Aufwärtstrend abschließt. Der sogenannte „Blowoff-Top“ bei Silber - ein überhitzter Preisschub - sei in der Vergangenheit oft ein Spätindikator für Zyklusenden im gesamten Edelmetallsektor gewesen. Anleger sollten deshalb genau beobachten, ob der Ausbruch wirklich nachhaltig sei.

Zwischen Mainstream und Nische

Silber bleibt ein Spezialistenthema - aber das könnte sich ändern. Sobald die Investmentnachfrage zurückkehrt und physische Märkte weiter unter Druck geraten, könnten Retail-Anleger und institutionelle Investoren verstärkt einsteigen. Für Shiels steht fest: „Silber wird vom Nischen- zum Momentumthema - und das schneller, als viele erwarten.“

Fazit: Silber hat Nachholpotenzial - und 2025 könnte der Wendepunkt sein

Nicky Shiels’ Vortrag war ein überzeugendes Plädoyer für Silber als Comeback-Kandidat im Edelmetalluniversum. Getrieben von strukturellen Angebotsdefiziten, geopolitischen Unsicherheiten, grüner Technologie und geldpolitischer Wende, könnte das Metall 2025 die Investmentbühne zurückerobern. Entscheidend sei das Timing - und der Mut, antizyklisch zu denken.

 

Biografie: Nicky Shiels ist Leiterin für Research & Metallstrategie bei MKS PAMP und arbeitet eng mit dem Handelsteam zusammen, um Vertriebs- und Handelsstrategien zu optimieren sowie die Forschungsplattform für Edelmetalle weiterzuentwickeln. Sie verfügt über 15 Jahre Erfahrung in der Finanzbranche als Rohstoffstrategin bei nordamerikanischen Banken mit Schwerpunkt auf Edel- und Basismetalle, Marktforschung und Prognosen. Sie tritt regelmäßig auf Fachkonferenzen auf und ist eine gefragte Expertin in den Medien. Nicky Shiels hat einen B.A. in Wirtschaftswissenschaften von der Yale University.

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Dominik Sperzel, Heraeus Precious Metals

Trends beim Recycling: Wird Gold durch Recycling grüner?

Dominik Sperzel: Wird Gold durch Recycling grüner?

Dominik Sperzel, Leiter Edelmetallhandel bei Heraeus Precious Metals, eröffnete seinen Vortrag beim ZukunftsForum Edelmetalle 2025 in Frankfurt mit einer klaren Botschaft: „Recycling ist unverzichtbar - aber nicht die ganze Lösung.“ Die Edelmetallindustrie steht vor der Herausforderung, ökologische und ökonomische Ziele zu vereinen. Recycling kann dabei helfen, den CO₂-Fußabdruck zu verringern, den Materialkreislauf zu schließen und auf die wachsende Kundennachfrage nach nachhaltig produzierten Produkten zu reagieren.

Warum „grünes“ Gold überhaupt wichtig ist

Der Begriff „grünes“ Gold steht für eine Verbesserung der ESG-Bilanz, die Erschließung neuer Zielgruppen und die gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen. Sperzel betonte, dass recyceltes Gold einen signifikant niedrigeren Umweltfußabdruck aufweise als Gold aus Primärabbau - insbesondere, da beim Bergbau aus einer Tonne Erz nur rund drei Gramm Gold gewonnen werden.

Recycling - viele Vorteile, aber auch Grenzen

Obwohl Recycling im öffentlichen Diskurs als die ökologische Alternative gilt, warnte Sperzel vor einem zu einseitigen Blick: „Recycling ist nur ein Teil der Lösung - ohne verantwortungsvoll betriebenen Bergbau geht es nicht.“ Derzeit stammen noch rund 75 Prozent des weltweit genutzten Goldes aus dem Bergbau. Dieser wiederum sichert laut Sperzel die Lebensgrundlage von über 100 Millionen Menschen weltweit.

Transparenz und Standards gegen Greenwashing

Ein zentrales Thema des Vortrags war die fehlende einheitliche Definition von recyceltem Edelmetall. Heraeus engagiert sich aktiv in Arbeitsgruppen zur Entwicklung eines einheitlichen Standards. Sperzel wies auch auf rechtliche Fallstricke hin: Ab 2027 wird Werbung mit „klimaneutral“ in der EU verboten, wenn diese allein auf Kompensation basiert. Die Branche müsse daher auf belastbare ESG-Daten und echte Transparenz setzen.

Recycling ja - aber mit Verantwortung

Sperzel stellte klar: „Mine ist nicht gleich Mine.“ Über die gezielte Auswahl verantwortungsvoller Minenpartner und Kooperationen mit Initiativen wie Fairmined oder Swiss Better Gold lasse sich die ESG-Bilanz des eingesetzten Primärmaterials deutlich verbessern. Heraeus ermögliche seinen Kunden maßgeschneiderte Lösungen - inklusive Barrenprodukten mit offen gelegtem Recycling-Anteil und selektiver Minenwahl.

Zwei Säulen für nachhaltige Goldversorgung

Die Vision von Heraeus basiert auf einer doppelten Strategie: dem Ausbau hochwertiger Recyclingprozesse und der Unterstützung eines nachhaltigen Bergbaus. Besonders im Kleinbergbau (ASM) sieht das Unternehmen Potenzial für soziale und ökologische Fortschritte - durch gezielte Entwicklungspartnerschaften und Förderprogramme.

Ein wachsender Markt - aber mit Hürden

Der globale Goldmarkt wächst weiter, doch Recycling kann die steigende Nachfrage allein nicht decken. Sperzel präsentierte Zahlen, wonach der Goldbedarf im Jahr 2023 bei rund 4.900 Tonnen lag - ein Großteil davon gedeckt durch Primärförderung. Die langfristige Verfügbarkeit von Gold bleibt ein strategisches Thema für Industrie und Investoren.

Kundenbedürfnisse im Fokus

Mit Produktlinien wie Circlear®, die zu 100 Prozent aus recyceltem Gold bestehen und TÜV-zertifiziert sind, reagiert Heraeus auf die Nachfrage institutioneller wie privater Anleger. Die Option, Produkte nach individueller Recycling-Definition und ESG-Kriterien zu gestalten, verdeutlicht den Trend zur Differenzierung und Individualisierung im Edelmetallmarkt.

Heraeus als Branchenvorreiter

Heraeus geht über die LBMA- und RJC-Standards hinaus, arbeitet an neuen ESG-Rahmenbedingungen mit und unterstützt aktiv die Entwicklung eines harmonisierten Nachhaltigkeitsverständnisses in der Branche. Die Kooperation mit Kunden zielt auf Transparenz und Vertrauen - vom Rohmaterial bis zum Endprodukt.

Fazit: Recycling als Katalysator für Veränderung

Sperzel fasste zusammen: „Recycling ist essenziell - aber nicht als Ersatz, sondern als Ergänzung.“ Die Transformation der Edelmetallwirtschaft erfordert ein Zusammenspiel aus Innovation, Verantwortung und langfristigem Denken. Nur so kann Gold tatsächlich „grüner“ werden - im Sinne von Umwelt, Markt und Gesellschaft.

 

Biografie: Dominik Sperzel ist eine erfahrene Führungspersönlichkeit und über zehn Jahre bei Heraeus tätig. In Europa und den USA hatte er verschiedene strategische Positionen in den Bereichen Chemikalien, Katalysatoren und Edelmetallrecycling inne. Seit 2024 leitet er als Senior Vice President den Trading Desk am Hauptsitz in Hanau und ist für den Handel mit Gold, Silber und Platingruppenmetallen verantwortlich. Mit seinem umfassenden Wissen im Rohstoffhandel, Risikomanagement und strategischen Investitionen bringt er wertvolle Expertise mit. Als Verfechter nachhaltiger Edelmetallnutzung setzt er sich für verantwortungsbewusstes Trading und die Förderung der Energiewende ein.

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Eduard Stefanescu, C. Hafner

Hauptsache kompliziert! Die Bürokratie bei Edelmetallen Lieferkettengesetz, REACH etc.: die aktuelle Lage.

„Hauptsache kompliziert?“ - Die Edelmetallbranche im Dschungel der EU-Vorgaben

Der Titel war ironisch gewählt - doch der Inhalt umso ernster: Eduard Stefanescu, Sustainability Manager bei C.HAFNER, machte beim ZukunftsForum Edelmetalle 2025 deutlich, wie tiefgreifend sich die regulatorischen Anforderungen der EU auf die Edelmetallbranche auswirken. Sein Vortrag war ein eindrücklicher Überblick über die Vielzahl an Verordnungen, Richtlinien und Berichtspflichten, die Unternehmen heute meistern müssen. Die Kernbotschaft: „Nachhaltigkeit ist Pflicht - aber das Regelwerk ist ein Labyrinth.“

Green Deal als politischer Überbau

Ausgangspunkt der regulatorischen Welle ist der Europäische Green Deal. Ziel ist eine treibhausgasneutrale, ressourceneffiziente und wettbewerbsfähige Wirtschaft bis 2050. Für Unternehmen bedeutet das: Ihre Aktivitäten müssen nicht nur ökonomisch, sondern auch ökologisch und sozial tragfähig sein. Stefanescu betonte: „Der Wandel ist politisch gewollt - aber seine Umsetzung überfordert viele Betriebe.“

Taxonomie, CSRD, SFDR - das neue Alphabet der Regulierung

Besonders im Fokus standen drei zentrale EU-Instrumente:

  • Die EU-Taxonomie definiert, welche wirtschaftlichen Tätigkeiten als nachhaltig gelten.
  • Die CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive) verpflichtet Unternehmen zu umfangreicher Nachhaltigkeitsberichterstattung auf Basis der sogenannten doppelten Wesentlichkeit.
  • Die SFDR (Sustainable Finance Disclosure Regulation) wiederum adressiert die Offenlegungspflichten im Finanzsektor.

Diese Regelwerke greifen ineinander - mit erheblichen Konsequenzen für Berichtspflichten, Bewertungssysteme und strategische Entscheidungen.

Lieferkettengesetze: Vom LkSG zur CSDDD

Einen weiteren Schwerpunkt bildeten die neuen Regeln zur unternehmerischen Sorgfaltspflicht:

  • In Deutschland gilt seit 2023 das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG).
  • Auf EU-Ebene wurde im Juli 2024 die CSDDD (Corporate Sustainability Due Diligence Directive) verabschiedet - mit Gültigkeit ab 2027 für große Unternehmen.

Diese Vorschriften verpflichten Firmen, menschenrechtliche und ökologische Risiken in ihren Wertschöpfungsketten zu erkennen, zu bewerten und darüber zu berichten. Stefanescu unterstrich: „Die Verantwortung endet nicht am Werkstor - sie reicht bis zur Mine in Südamerika oder Afrika.“

Spezialverordnungen: Von REACH bis Konfliktmineralien

Weitere relevante Regime sind die REACH-Verordnung zum Chemikalienrecht und die EU-Verordnung 2017/821 zur Regulierung sogenannter Konfliktminerale. Letztere verpflichtet Importeure, die Herkunft kritischer Rohstoffe wie Gold und Zinn transparent zu machen. Für Edelmetallunternehmen bedeutet das zusätzliche Prüf-, Dokumentations- und Auditpflichten. Gleichzeitig drohen bei Verstößen erhebliche Reputationsrisiken und Marktbarrieren.

Der Omnibus-Ansatz: Komplexität mildern - oder nur verschieben?

Angesichts der Überforderung vieler Unternehmen versucht die EU mit einem „Omnibus“-Ansatz gegenzusteuern: Aufschub bestimmter Berichtspflichten, Reduktion von Detailvorgaben, Vereinfachung der Umsetzung. Doch Stefanescu warnte: „Verschiebung ist keine Lösung - die Komplexität bleibt bestehen.“ Ohne klare Orientierung und Unterstützung könnten insbesondere mittelständische Unternehmen ins Straucheln geraten.

Die doppelte Wesentlichkeit als Paradigmenwechsel

Ein zentrales Konzept der CSRD ist die doppelte Wesentlichkeit: Unternehmen müssen sowohl die Auswirkungen ihres Handelns auf Umwelt und Gesellschaft (Impact Materiality) als auch die Auswirkungen ökologischer und sozialer Trends auf ihre Finanzkennzahlen (Financial Materiality) bewerten. Stefanescu: „Das ist ein Paradigmenwechsel - weg von reiner Compliance, hin zu strategischer Nachhaltigkeit.“

Was bedeutet das für die Edelmetallwirtschaft?

Die Edelmetallbranche steht vor der Herausforderung, ihre gesamte Wertschöpfungskette ESG-konform zu gestalten - vom Primärabbau über Recycling bis zur Produktgestaltung. Insbesondere bei Produkten wie Goldbarren oder Schmuck müssen Herkunft, Umweltwirkung und soziale Standards künftig belegbar dokumentiert werden. Stefanescu forderte deshalb mehr Zusammenarbeit: „Branchenstandards, digitale Tools und Austauschplattformen sind unerlässlich.“

Ein Appell an die Politik: Augenmaß und Praxisbezug

Trotz grundsätzlicher Zustimmung zum Ziel der Nachhaltigkeit übte Stefanescu auch Kritik: „Der Regulierungsrahmen ist kaum noch beherrschbar - selbst für erfahrene Compliance-Teams.“ Die Politik müsse für mehr Klarheit, Kohärenz und Umsetzbarkeit sorgen. Andernfalls drohten Investitionshemmnisse, Innovationsbremsen und Wettbewerbsnachteile - gerade für kleine und mittlere Unternehmen.

Fazit: Regulierung mit Verantwortung - aber auch mit Augenmaß

Eduard Stefanescu machte deutlich: Die Edelmetallbranche ist bereit, Verantwortung zu übernehmen - für Menschen, Umwelt und Zukunft. Doch sie braucht dafür ein Regelwerk, das sie nicht lähmt, sondern leitet. Nachhaltigkeit darf kein Bürokratiemonster sein, sondern muss strategisch, machbar und messbar gestaltet werden. Sein Appell: „Wir brauchen nicht weniger Regulierung - aber deutlich mehr Orientierung.“

 

Biografie: Eduard Stefanescu ist seit 2,5 Jahren Sustainability Manager bei C.HAFNER GmbH + Co. KG. Der Geowissenschaftler (Mineralogie am KIT) begann seine Karriere im Anlagenbau für die Mineralaufbereitung und spezialisierte sich später auf die Beschaffung und Verarbeitung kritischer Mineralien und Edelmetalle. Seit 2018 ist er Experte für verantwortungsvolle Lieferketten, auch im Kleinbergbau. Bei C.HAFNER setzt er ESG-Themen um und verantwortet die Nachhaltigkeitsstrategie sowie die Compliance des Unternehmens.

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Philipp Stockinger, aXedras

Gold und die Digitalisierung der Welt: Wer treibt bei den Edelmetallen welchen Trend, worauf achten Investoren und industrielle Verbraucher?

Transparenz per Blockchain - Wie aXedras den Goldmarkt digital transformieren will

„Digitale Integrität ist das Fundament für Vertrauen - von der Mine bis zum Anleger.“ Mit dieser Aussage eröffnete Philipp Stockinger, Head of Business Development bei aXedras, seinen Vortrag beim ZukunftsForum Edelmetalle 2025. Im Zentrum stand dabei die Frage, wie sich Lieferketten im Edelmetallmarkt digital, sicher und nachvollziehbar gestalten lassen - durch Blockchain-Technologie und standardisierte Datensysteme. Sein Fazit: „Die Digitalisierung ist kein Trend - sie ist die neue Compliance.“

Vom Fels zum Ring: Die Evolution der Gold Bar Integrity

aXedras ist Mitinitiator und technischer Partner des „Gold Bar Integrity“-Programms (GBI), das von LBMA und World Gold Council getragen wird. Seit 2021 beteiligt sich das Unternehmen an dessen Entwicklung. Ziel: eine digitale, fälschungssichere und vollständig nachvollziehbare Dokumentation des gesamten Lebenszyklus einer Goldbarren - vom Abbau über Raffination und Lagerung bis zum Endinvestor. 2025 wurde die erste Version der GBI-Datenbank durch die LBMA freigegeben.

Digitalisierung entlang der Lieferkette: Minen, Raffinerien, Investoren

Stockinger beschrieb, wie unterschiedlich der Digitalisierungsgrad in den verschiedenen Bereichen der Lieferkette ausfällt. Während große Raffinerien zunehmend auf eigene digitale Portale und Produktionssysteme setzen, arbeiten viele Minenbetriebe noch mit E-Mails, Excel-Tabellen und dezentralen Archiven. aXedras schafft hier Schnittstellen, um Daten konsistent, sicher und in Echtzeit verfügbar zu machen - über seine Plattformmodule aXProvenance und aXCirculation.

Integritätszertifikate als Zukunftsstandard

Ein zentrales Element ist das digitale Integritätszertifikat, das alle relevanten Produkt-, Produktions- und Herkunftsdaten eines Goldbarrens enthält. Dieses Zertifikat lässt sich via Smartphone abrufen - inklusive Angaben zu Gewicht, Feingehalt, Produktionsort, Raffinerie und Herkunftsmaterial (z. B. Recyclinganteil). Stockinger demonstrierte anhand eines Beispielbarres, wie die Datenebenen aufgebaut sind. „Transparenz beginnt nicht beim Produkt - sie beginnt beim Datensatz“, so sein Appell.

Datensouveränität und Vertrauen als Basis

Die Besonderheit: Alle Daten werden über eine permissioned Blockchain geteilt - d. h., nur autorisierte Akteure entlang der Wertschöpfungskette haben Zugriff auf definierte Informationen. So lassen sich Geschäftsgeheimnisse wahren, ohne die Nachverfolgbarkeit zu gefährden. Dieses Prinzip der „verteilten Vertrauensarchitektur“ sei laut Stockinger der Schlüssel, um regulatorische Anforderungen (z. B. zur Herkunftstransparenz) und wirtschaftliche Interessen in Einklang zu bringen.

Regulatorische Treiber: Ohne Digitalisierung keine Compliance

Die zunehmenden ESG-Vorgaben - von der EU-Taxonomie bis zur CSRD - setzen die Edelmetallbranche unter Druck. Herkunftsnachweise, Klimawirkungsdaten und soziale Standards müssen künftig belastbar dokumentiert werden. aXedras versteht sich hier als Lösungsanbieter, der nicht nur technische Werkzeuge liefert, sondern auch auf branchenspezifische Standards hinarbeitet. Die Plattform fungiert als Governance- und Reporting-Instrument - mit dem Ziel: „Ein System, dem Investoren, Verbraucher und Regulierer vertrauen können.“

Mehrwert für den Investor: Vom Produkt zur digitalen Wahrheit

Auch für Investoren entstehen neue Möglichkeiten. Statt sich auf gedruckte Zertifikate oder unvollständige Barlisten zu verlassen, können sie über aXedras direkt auf digitale Herkunfts- und Produktionsdaten zugreifen. Dies stärkt das Vertrauen - besonders bei nachhaltig orientierten Anlegern. „Wir digitalisieren nicht nur den Goldbarren - wir digitalisieren das Vertrauen in ihn“, formulierte Stockinger.

Anwendungsszenarien: Mobile Abfrage, automatisierte Prüfprozesse

Ein konkreter Anwendungsfall ist der mobile Integrity Check: Über ein Interface lassen sich relevante Echtheits- und Herkunftsdaten eines Barrens unmittelbar anzeigen. Künftig sollen auch Prüfprozesse in Lagerhäusern, beim Zoll oder im Sekundärmarkt digitalisiert und automatisiert werden. Ziel ist eine durchgängige digitale Prozesskette - inklusive Anbindung an Smart Scanner, Vaulting-Systeme und ERP-Lösungen.

Ausblick: Standardisierung als nächste Stufe

Für die nächsten Jahre plant aXedras die Weiterentwicklung der GBI-Datenbank sowie die Ausweitung auf weitere Produkte - etwa Silber oder Platin. Parallel dazu sollen branchenspezifische Schnittstellen geschaffen werden, um eine möglichst breite Integration in bestehende Systeme zu ermöglichen. Stockinger schloss mit einem klaren Appell: „Nur wer jetzt digital investiert, bleibt morgen vertrauenswürdig.“

Fazit: Die Zukunft des Goldmarkts ist digital - oder sie ist nicht mehr vertrauenswürdig

Der Vortrag zeigte eindrücklich, wie weitreichend der Einfluss von Digitalisierung auf den Edelmetallhandel ist. Transparenz, Compliance und Vertrauen entstehen nicht mehr durch Zertifikate aus Papier, sondern durch fälschungssichere Datenflüsse. aXedras will dabei nicht weniger als das Rückgrat dieser neuen Infrastruktur liefern - mit dem Ziel: Integrität, Skalierbarkeit und regulatorische Sicherheit für die Branche.

 

Biografie: Philipp Stockinger begann seine Karriere im Firmenkundengeschäft der Commerzbank in Deutschland, Hongkong und der Schweiz, bevor er 2018 als erster Angestellter zur aXedras AG wechselte. Dort spielte er eine Schlüsselrolle im Aufbau des Unternehmens und gewann tiefgehende Einblicke in die Wertschöpfungskette von Edelmetallen sowie in Digitalisierungsstrategien der Branche. Seine Expertise verbindet technologische Innovation mit Finanzwissen, um die Edelmetallindustrie durch digitale Transformationsprojekte nachhaltig zu verändern.

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Wilma Swarts, Metals Focus Ltd.

Wie verändert sich aktuell die Nachfragesituation bei Platinmetallen? Was machen die Preise, wie ist der Ausblick?

Platin hat lange Winter und kurze Sommer: Marktanalyse zu Platin und Palladium im geopolitischen Umbruch

Mit dieser pointierten Aussage brachte Wilma Swarts, Director of PGMs bei Metals Focus, die Lage auf den Punkt: Die Platinmetalle stehen unter Druck - geopolitisch, wirtschaftlich und regulatorisch. Beim ZukunftsForum Edelmetalle 2025 gab sie einen differenzierten Ausblick auf die globalen Märkte für Platin, Palladium und Rhodium - und zeigte, dass trotz Nachfrageeinbrüchen und Preisvolatilität auch neue Chancen entstehen können.

Marktumfeld: Minen unter Druck, Nachfrage im Umbruch

Die globale Förderung von Platinmetallen wird 2025 von starken Rückgängen geprägt sein. In Südafrika, dem Hauptförderland, sorgen Einschnitte im Jahr 2024 für merklich geringere Volumina. Sanktionen, Finanzierungsschwierigkeiten und der Rückzug westlicher Zulieferer belasten zudem den russischen Output. In den USA wiederum führten niedrige Palladiumpreise zu Restrukturierungen. „Der Markt wird 2025 ein spürbares Angebotsdefizit verzeichnen - vor allem bei Platin“, so Swarts.

Automobilindustrie: Stabil, aber nicht wachstumsstark

Die Autoindustrie bleibt trotz der Elektrifizierung der wichtigste Abnehmer für Platinmetalle. Allerdings: Die Produktion von Fahrzeugen bleibt schwach, der Absatz von Katalysatoren sinkt - insbesondere bei Palladium. Politische Unsicherheit, veränderte Emissionsregeln und das Ausbleiben klarer Vorgaben zur Elektrifizierung sorgen für schwankende Nachfrage. Größere Hybridfahrzeuge dämpfen zwar den Rückgang, doch der langfristige Trend bleibt abwärtsgerichtet.

Preis- und Nachfrageentwicklung: Substitution und Unsicherheit

Die Substitution von Palladium durch Platin im Automobilsektor verläuft langsamer als erwartet. Der Preisabstand zwischen beiden Metallen hat sich zwar vergrößert, doch die technischen Umstellungen benötigen Zeit - und verlässliche Planung. Swarts wies zudem darauf hin, dass der Recyclingmarkt ins Stocken geraten ist: Die Zahl stillgelegter Fahrzeuge steigt nur auf dem Papier, reale Rückflüsse von Katalysatoren bleiben gering. „Unattraktive Preise und unsichere Zukunftsperspektiven hemmen den Sekundärmarkt“, so ihre Analyse.

Industrielle Nachfrage: Differenziertes Bild

Während die Nachfrage aus der Chemieindustrie stabil bleibt, zeigt sich bei Elektronik und Glas ein Rückgang - getrieben durch Miniaturisierung und Materialeinsparung. Im Bereich Wasserstoff sieht Swarts Licht am Ende des Tunnels: Zwar auf niedrigem Niveau, aber mit zunehmender Dynamik. Auch die Nachfrage aus der Petrochemie zieht an, da bestehende Anlagen durch gasbasierte Verfahren ersetzt werden. Insgesamt aber sei keine zyklische Erholung in Sicht.

Schmuckmarkt: Regional uneinheitlich

Beim Schmuck sieht Swarts eine regionale Umverteilung: Während China deutlich weniger Platin nachfragt - bedingt durch Präferenzen für Gold und rückläufige Konsumtrends - steigt das Interesse in Indien. Dort etabliert sich Platin zunehmend als Alternative im hochwertigen Segment. In Europa und Nordamerika bleibt die Nachfrage auf niedrigem Niveau stabil.

Politik und Zölle: Neue Barrieren belasten den Markt

Die geopolitische Lage wirkt sich zunehmend auf die Handelsströme aus. Die USA haben neue Zölle auf Rohstoffe aus BRICS-Staaten eingeführt, darunter auch Platin und Palladium. Die EU wiederum reagiert mit Gegenzöllen auf Importe aus den USA. Swarts: „Diese Entwicklungen führen zu höheren Kosten, erschweren den globalen Handel und beschleunigen die Suche nach Alternativen.“

Prognose 2025: Seitwärts oder selektiv positiv?

Laut Metals Focus liegt der durchschnittliche Platinpreis 2025 bei rund 1.050 $/oz. Für Palladium wird ein weiteres Abschmelzen der Nachfrage erwartet - mit entsprechendem Preisdruck. Rhodium bleibt extrem volatil. Der Platinmarkt bewegt sich strukturell in Richtung Angebotsdefizit - ein potenzieller Preistreiber bei stabiler Industrienachfrage. Die Gesamtbilanz bleibt jedoch fragil.

Strategische Ausrichtung: PGM-Markt braucht neue Impulse

Wilma Swarts plädierte für eine stärkere strategische Perspektive auf den Markt für Platinmetalle. „Die Branche muss sich neu aufstellen - mit klaren Anwendungsfeldern, realistischen Förderstrategien und digitaler Transparenz.“ Langfristiges Vertrauen könne nur durch klare Kommunikation und Investitionen in zukunftsfähige Technologien wie Wasserstoff zurückgewonnen werden.

Fazit: Der Platinmarkt schwankt - doch das Fundament bleibt intakt

Trotz Preisverfall, Nachfrageunsicherheit und politischer Risiken ist das Potenzial der Platinmetalle nicht verschwunden. Die Basisanwendungen bleiben stabil, neue Technologien bieten Perspektiven - aber nur, wenn Marktakteure flexibel und vorausschauend handeln. Swarts’ abschließender Rat: „Man muss den langen Winter durchstehen - aber dann kommt auch wieder ein Sommer.“

 

Biografie: Wilma Swarts ist Director of PGM Research bei Metals Focus und leitet die Forschung zu Platingruppenmetallen. Mit 16 Jahren Erfahrung in der PGM-Branche war sie zwölf Jahre in der Minenindustrie tätig, insbesondere im Metallvertrieb und Marketing bei Lonmin, wo sie als Head of Commercial Services arbeitete. Sie war als nicht-exekutives Vorstandsmitglied in der Platinum Jewellery Development Association, dem World Platinum Investment Council und Furuya Metals aktiv. Zudem war sie von 2016 bis 2019 Vorsitzende von The Platinum Incubator und ist derzeit Chairperson von Women in PGMs. Wilma Swarts hat einen MSc in International Business Administration von der University of London.

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York Tetzlaff, Fachvereinigung Edelmetalle

Grußwort und Vorstellung der FE e.V.

Fachvereinigung: „Die Edelmetallbranche ist bereit für die Zukunft - wenn Politik, Markt und Gesellschaft gemeinsam Verantwortung übernehmen“

Mit dieser Aussage schloss York A. Tetzlaff, Geschäftsführer der Fachvereinigung Edelmetalle (FVEM), seinen Vortrag auf dem ZukunftsForum Edelmetalle 2025 - und stellte damit den Anspruch der Branche klar: Sie will nicht nur mitreden, sondern mitgestalten. In seinem Vortrag präsentierte Tetzlaff die Eckpfeiler einer zukunftsfähigen Edelmetallwirtschaft - von Recycling über Lieferketten bis zur politischen Rahmensetzung.

Ein starkes Netzwerk für eine starke Industrie

Die FVEM ist der zentrale Verband der deutschen Edelmetallindustrie - mit 40 Mitgliedsunternehmen, über 7.000 Beschäftigten und über 90 Prozent Marktanteil. Als Sprecher der Branche gegenüber Behörden, NGOs und der EU vertritt sie die Interessen der gesamten Wertschöpfungskette - von der Primärverarbeitung über Hightech-Anwendungen bis zum Recycling. York Tetzlaff betonte: „Unsere Stärke liegt in der Vielfalt - technologisch, geografisch und thematisch.“

Kreislaufwirtschaft als industriepolitisches Modell

Ein besonderer Schwerpunkt des Vortrags lag auf dem Recycling. In Deutschland wird der Großteil des Goldes aus Altmaterialien gewonnen - insbesondere aus Schmuck und Elektroschrott. Der industrielle Recyclingprozess sei ökologisch vorteilhaft, effizient und technologisch führend. Tetzlaff verwies jedoch auch auf Schwächen im System: Nur etwa ein Drittel der Elektroaltgeräte werde tatsächlich recycelt. „Hier müssen Politik und Verbraucher gleichermaßen ansetzen, um den Rohstoffkreislauf zu schließen.“

Verantwortung beginnt in der Lieferkette

Ein weiteres Kernthema war die Herkunft der Edelmetalle. Die FVEM setzt sich für höchste Transparenz- und Compliance-Standards ein. Grundlage sind die OECD-Leitlinien zur Sorgfaltspflicht, umgesetzt über international anerkannte Initiativen wie LBMA, RJC und RMI. Tetzlaff: „Unsere Unternehmen bekennen sich klar zur Konfliktfreiheit und Nachhaltigkeit ihrer Rohstoffe. Das ist kein Marketing, das ist gelebte Praxis.“ Die deutsche Branche sei hier Vorreiter - auch im internationalen Vergleich.

Anwendungsvielfalt und Innovationskraft

Tetzlaff machte deutlich: Edelmetalle sind keine Nischenprodukte, sondern Schlüsselkomponenten für zentrale Zukunftstechnologien. Ob in der Wasserstoffwirtschaft, Medizintechnik, Mikroelektronik oder Automobilindustrie - ohne Platin, Palladium, Gold und Silber sind viele Anwendungen nicht denkbar. Die FVEM forderte deshalb eine stärkere politische und gesellschaftliche Anerkennung der strategischen Bedeutung von Edelmetallen für die Transformation.

Politikgestaltung durch Expertise

In zahlreichen Ausschüssen bringt die FVEM ihre fachliche Kompetenz in die Gestaltung von Umwelt-, Steuer- und Rohstoffpolitik ein. Der Verband engagiert sich aktiv in Gesetzgebungsverfahren - sowohl in Deutschland als auch auf EU-Ebene, etwa zur Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD). Dabei geht es nicht nur um Vorgaben, sondern auch um Praxistauglichkeit. „Wir stehen für Regulierung mit Augenmaß - nachvollziehbar, wirksam und umsetzbar“, so Tetzlaff.

Recyclingpolitik und Handelsfreiheit als Standortfaktoren

Kritisch sieht die FVEM politische Tendenzen, den Export von edelmetallhaltigem Sekundärmaterial zu beschränken. Solche Maßnahmen würden Recycling und Kreislaufwirtschaft behindern. Ebenso fordert der Verband den Abbau von Handelshemmnissen bei der Einfuhr entsprechender Materialien. Tetzlaff betonte: „Wer Versorgungssicherheit ernst meint, muss Sekundärrohstoffe als strategische Ressource begreifen.“

Sicherheit entlang der Lieferkette

Ein oft übersehener Aspekt: die physische Sicherheit von Rohstoffen, Transporten und Anlagen. In enger Abstimmung mit Polizei und Sicherheitsdiensten koordiniert die FVEM Maßnahmen zur Prävention von Diebstahl, Betrug und Überfällen. Regelmäßige Warnmeldungen und Fachtreffen sollen das Risiko für alle Beteiligten minimieren - ein Beispiel für proaktives Branchenengagement.

Steuer- und Umweltrecht: Für Klarheit und Kontinuität

In der Steuerpolitik setzt sich die FVEM für den Erhalt bewährter Verfahren wie die LIFO-Bewertung und das Reverse-Charge-System ein. Umweltpolitisch geht es um praxisnahe Regelungen für Genehmigungsverfahren und Stoffbewertung - insbesondere bei Silber. Tetzlaff unterstrich: „Wir sind innovationsbereit - aber wir brauchen einen regulatorischen Rahmen, der Innovation auch ermöglicht.“

Edelmetalle als kritische Rohstoffe anerkennen

Im Kontext des Critical Raw Materials Act forderte die FVEM, Recycling stärker als Bestandteil der europäischen Rohstoffstrategie zu verankern. Darüber hinaus müsse die Rolle von etablierten Industriestandards im regulatorischen Kontext gestärkt werden. Der Appell: „Die EU darf nicht überregulieren, sondern muss bewährte Systeme anerkennen.“

Fazit: Verantwortung, Innovation, Partnerschaft

York Tetzlaff zeichnete ein Bild einer Branche, die bereit ist, ihren Beitrag zur Transformation zu leisten - technologisch wie ethisch. Dabei steht die FVEM für einen partnerschaftlichen Dialog mit Politik, Behörden und Gesellschaft. „Wir verstehen uns als Lösungspartner - und als Stimme einer Branche, die seit jeher mit wertvollen Materialien verantwortungsvoll umgeht“, lautete sein abschließendes Fazit.

 

Biografie: York Alexander Tetzlaff ist seit Ende 2018 Geschäftsführer der FVEM - Fachvereinigung Edelmetalle mit Sitz in der „Goldstadt“ Pforzheim. Darüber hinaus ist er Board Member der EPMF - European Precious Metals Federation mit Sitz in Brüssel. Vorher leitete er das Europabüro des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) sowie zuvor das EU-Verbindungsbüro der vbw - Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft, jeweils in Brüssel. Bis dahin arbeitete Herr Tetzlaff in den Bereichen Rechtsberatung und Interessenvertretung als Syndikus bei den Arbeitgeberverbänden der bayerischen Metall- und Elektroindustrie (bayme vbm) in München. Seine beiden Abschlüsse in Rechts- und Wirtschaftswissenschaften absolvierte er an den Universitäten München und Bayreuth.

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Christoph Wild, Schweizerische Vereinigung Edelmetallfabrikanten und -händler (ASFCMP)

Ist genug da? Die Lage im Bereich der weltweiten Goldförderung.

Schweizer Goldhändler: „Ist genug Gold da? - Ja, aber…“

Diese Aussage von Christoph Wild, Präsident der Schweizerischen Vereinigung Edelmetallfabrikanten und -händler (ASFCMP), war der rote Faden seines Vortrags beim ZukunftsForum Edelmetalle 2025. Die Antwort auf die Frage nach der physischen Verfügbarkeit von Gold ist komplexer, als sie auf den ersten Blick scheint. Der Markt ist liquide - noch. Doch der Druck auf Ressourcen, Lieferketten und Standards steigt deutlich.

Goldförderung: Das Ende des Wachstums

Jährlich werden rund 3.700 Tonnen Gold gefördert - eine Zahl, die laut Wild in den kommenden Jahren nicht steigen, sondern fallen dürfte. Der Grund: sinkende Erzqualitäten, steigende Förderkosten und stagnierende Investitionen in neue Minen. Weltweit sind noch rund 54.000 Tonnen Goldreserven verfügbar - bei gleichbleibendem Abbau würde dies einem Zeitraum von etwa 15 Jahren entsprechen. „Der berühmte Goldwürfel wächst jedes Jahr nur noch um 54 Zentimeter“, so Wild pointiert.

China und Russland dominieren - mit Folgen

Mit 378 Tonnen war China 2024 erneut der größte Goldproduzent der Welt, gefolgt von Russland. Beide Märkte gelten jedoch als zunehmend abgeschottet - mit begrenztem Zugang für westliche Partner. Diese geopolitische Fragmentierung führt laut Wild zu einem paradoxen Zustand: „Es ist noch genug Gold da - aber wir bekommen immer weniger davon.“ Auch Exportrestriktionen, nationale Ressourcenpolitik und neue Zölle verschärfen die Lage.

Rolle der Schweiz: Raffinerien im Kreuzfeuer

Die Schweiz gilt seit Jahrzehnten als globales Zentrum der Edelmetallveredelung - mit rund einem Drittel des weltweit raffinierten Goldes. Wild räumte mit übertriebenen Mythen auf: „Die Schweiz raffiniert nicht 70 %, sondern etwa 34 % des Weltmarkts.“ Dennoch bleibt das Land zentral - mit einer installierten Raffinationskapazität von 4.000 Tonnen, etwa 2.400 Tonnen Goldimporten jährlich und mehr als 12.000 Arbeitsplätzen direkt und indirekt in der Branche. Zugleich stünden die Schweizer Raffinerien zunehmend unter Druck: durch Kritik an Herkunftsfragen, regulatorischen Anforderungen und pauschale Vorverurteilungen.

Zwischen zwei Epochen: Fragmentierung und Unsicherheit

Christoph Wild sieht die Edelmetallindustrie in einem historischen Übergang. Die Zeit der Globalisierung sei vorbei - sie werde abgelöst durch Fragmentierung, Nationalisierung und Unsicherheit. Gold werde zunehmend zur „strategischen Schachfigur“ - ein geopolitischer Rohstoff mit wachsender politischer und wirtschaftlicher Bedeutung. Besonders kritisch sieht Wild die Kluft zwischen physischen Beständen und „Papiergold“ in Form von Derivaten und Finanzprodukten - ein Risiko für Marktstabilität und Vertrauen.

Recycling allein reicht nicht

Die ASFCMP begrüßt zwar den wachsenden Fokus auf Urban Mining und Recycling - doch Wild machte klar: „Recycling allein wird nicht reichen, um die globale Nachfrage zu decken.“ Sekundärgold sei ein wichtiger Bestandteil, könne aber die sinkende Primärproduktion nicht kompensieren. Hinzu kommen Herausforderungen bei Rückverfolgbarkeit, Qualität und Regulierung - besonders bei Altgold und Altschmuck.

Nachhaltigkeit als Wettbewerbsfaktor

Die Zukunft gehört dem „nachhaltigen Gold“ - also solchem, das unter Einhaltung hoher ökologischer, sozialer und ethischer Standards gewonnen wird. Besonders gefragt seien Herkunft aus Ländern mit starker Regulierung - etwa Kanada, Australien oder Finnland. Die Schweizer Raffinerien sehen sich hier als Vorreiter: „Edelmetalle zweifelhafter Herkunft haben in der Schweiz keinen Platz“, so Wild.

Transparenz und Verantwortung als Erfolgsmodell

Die ASFCMP setzt sich aktiv für Transparenz, Rückverfolgbarkeit und internationale Kooperation ein. Die Verbandsmitglieder verfolgen strengste Standards - von der Herkunftskontrolle über Umweltauflagen bis hin zur Unterstützung globaler ESG-Initiativen. Wild betonte: „Die Schweizer Raffinerien sind erfolgreich, weil sie höchste Qualität mit Verantwortung verbinden - nicht trotz, sondern wegen der hohen Standards.“

Luxus oder Liquidität? Eine strategische Frage

Ein Szenario für die Zukunft: Wenn Goldpreise auf 5.000 US-Dollar und mehr steigen, könnte physisches Gold zum „Luxusprojekt“ werden - exklusiv, knapp und spekulativ. Doch Wild widersprach einer solchen Entwicklung. Auch bei knapper werdendem Angebot bleibe der Markt liquide - zumindest mittelfristig. Entscheidend sei die Balance zwischen Förderung, Recycling, Standards und geopolitischem Zugang.

Fazit: Gold bleibt verfügbar - aber nicht selbstverständlich

Christoph Wilds Vortrag war ein nüchterner, aber klarer Beitrag zur Debatte um Rohstoffsicherheit, Marktwahrheit und Verantwortung. Die Kernbotschaft: „Ja, es ist noch genug Gold da - aber das wird nicht so bleiben, wenn wir die strukturellen Herausforderungen ignorieren.“ Der Weg in die Zukunft führt über Kooperation, Transparenz und strategisches Handeln.

 

Biografie: Christoph Wild ist Betriebsökonom der Hochschule für Wirtschaft Zürich (HWV ZH) und besitzt ein KMU-Diplom der Universität St. Gallen (HSG).
Seit 1988 war Christoph Wild bei Argor-Heraeus tätig, zunächst bis 2013 als CFO und ab 2014 als CEO sowie Delegierter des Verwaltungsrats. In dieser Funktion war er für das weltweite Geschäft von Argor-Heraeus verantwortlich.
Von 1999 bis zur vollständigen Übernahme der Argor-Anteile durch Heraeus Precious Metals im Juli 2017 war er Mitgesellschafter von Argor-Heraeus.
Seit 2013 ist Christoph Wild Mitglied der Schweizerischen Vereinigung Edelmetallfabrikanten und Händler (ASFCMP), zunächst als Vizepräsident und seit Oktober 2021 als Präsident.

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Peter Zöllner, London Bullion Market Association

Neue Liebe, neues Glück? Gold und die Zentralbanken

„Gold war nie weg - die Zentralbanken waren immer dabei“

Was wie eine neue Liebe aussieht, ist in Wahrheit eine stabile Beziehung mit Geschichte: Gold und die Zentralbanken. In seinem Vortrag beim ZukunftsForum Edelmetalle 2025 räumte Peter Zöllner - früher Vorstand der Oesterreichischen Nationalbank und langjähriger Leiter des Bankenbereichs bei der BIZ - mit dem Mythos auf, Zentralbanken würden sich neu für Gold interessieren. „Gold ist keine alte oder neue Liebe - es ist ein Faktum“, so Zöllner. Die Notenbanken haben nie aufgehört, Gold zu halten - sie tun es heute aber mit wachsender strategischer Klarheit.

Zentralbanken: Käufer aus Überzeugung

Seit 2010 kaufen Zentralbanken netto Gold - in den letzten Jahren sogar auf Rekordniveau. Besonders stark ist das Engagement in Schwellenländern. Eine Grafik aus Zöllners Vortrag zeigt den steilen Anstieg der Goldbestände in Emerging Markets seit 2008. Der Grund: Gold diversifiziert Portfolios, ist frei von Ausfallrisiken und leicht liquidierbar. Vor allem aber: „Zentralbanken legen ihr Geld dort an, wo sie politische Freunde vermuten - das erklärt die Rolle des US-Dollars, aber zunehmend auch die Rückbesinnung auf Gold“, so Zöllner.

Gold als geopolitische Reserve

In einer multipolaren Welt ist Vertrauen zur neuen Währung geworden. Zöllner betonte, dass Gold nicht nur ein Wertspeicher, sondern ein Ausdruck geopolitischer Eigenständigkeit sei. In Zeiten wachsender Sanktionen, Dollar-Dominanz und geopolitischer Spannungen setzen viele Staaten auf eine neutrale, nicht manipulierbare Reserve. Der Goldpreis selbst, so seine Analyse, reagiert sensibel auf die geopolitische Lage - wie etwa im Zuge der US-Zinswende, geopolitischer Krisen oder De-Dollarisierungstendenzen.

Gold und alternative Währungen: Wunsch versus Wirklichkeit

Zöllner ging auch auf Diskussionen um goldgedeckte Alternativwährungen ein - etwa aus dem Kreis der BRICS-Staaten. Sein Urteil fiel klar aus: „Fünf Länder mit unterschiedlichen Interessen und ohne gemeinsame wirtschaftspolitische Plattform werden keine gemeinsame Währung auf Goldbasis schaffen - jedenfalls nicht in absehbarer Zeit.“ Vertrauen werde dennoch durch sichtbare Goldreserven gestärkt, besonders im Hinblick auf Bonitätsbewertungen und internationale Kapitalströme.

Goldpreis, US-Dollar und Zinsen - eine fragile Dreiecksbeziehung

Mit mehreren Charts belegte Zöllner die enge Korrelation zwischen Goldpreis, US-Dollar-Index und US-Staatsanleihenrendite. Der Rückgang der Realzinsen und die Schwäche des Dollars seit Ende 2023 hätten dem Goldpreis zuletzt Auftrieb gegeben - eine Entwicklung, die sich bei fortgesetzter geldpolitischer Lockerung fortsetzen dürfte. Gleichzeitig gebe es starke regionale Preisunterschiede - etwa zwischen London und New York - ein Ausdruck physischer Marktengpässe und Repatriierungseffekte.

Transparenz, Vertrauen und Reservemanagement

Zöllner unterstrich die Bedeutung transparenter Reservestrategien. Gold sei bei vielen Zentralbanken ein „verdeckter Champion“ - nicht öffentlich betont, aber strategisch gehalten. Er warb für mehr Offenheit, sowohl gegenüber den Märkten als auch innerhalb der internationalen Finanzarchitektur. Denn: „Je glaubwürdiger die Reservepolitik, desto geringer das Vertrauenserosion.“

Von der Theorie zur Praxis: Gold bleibt relevant

Gold erfüllt gleich mehrere Funktionen für Notenbanken: Es ist Liquiditätsreserve, Inflationsschutz, Diversifikationsinstrument - und zunehmend ein geopolitisches Asset. Zöllner verwies darauf, dass Goldkäufe nicht aus Renditegründen erfolgen - „Zentralbanken sollen keine Gewinne machen, sondern Risiken managen.“

Rückblick und Ausblick: Eine konstante Konstante

Ein Blick auf die vergangenen 25 Jahre zeigt: Der Goldpreis hat sich mehr als verfünffacht. Dennoch sei Gold weniger volatil als andere Rohstoffe oder Währungen. Für Zentralbanken sei das Edelmetall kein spekulativer Trade, sondern eine langfristige Absicherung. Der Trend zu mehr Gold im Portfolio werde sich daher fortsetzen - besonders außerhalb des Westens.

Keine neue Liebe - ein strategischer Klassiker

Peter Zöllner schloss mit einem nüchternen Fazit: Gold war nie aus dem Spiel. Was sich geändert habe, sei die Weltordnung - und damit die Rolle von Gold als strategischem, politisch neutralem Asset. „Wer seine Währung ernst nimmt, nimmt auch Gold ernst.“

 

Biografie: Peter Zöllner ist Independent Non-Executive Director bei der London Bullion Market Association (LBMA). Zuvor war er Vorstandsmitglied der Österreichischen Nationalbank, bevor er zur Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) in Basel wechselte, der Zentralbank der Zentralbanken. Mit seiner langjährigen Erfahrung im internationalen Finanz- und Zentralbankwesen bringt er wertvolle Expertise in die LBMA ein und unterstützt die strategische Weiterentwicklung des globalen Edelmetallmarktes.

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Unser Moderator

Michael W. Tschugg

Diplom-Volkswirt/MBA

Biografie: Michael Tschugg, Diplom-Volkswirt und MBA, verfügt über langjährige Erfahrung in der wirtschaftsjournalistischen Berichterstattung und Unternehmenskommunikation. Er schrieb für renommierte Zeitungen und Magazine und war als Pressesprecher der Degussa AG international tätig. Als Managing Director internationaler Agenturen beriet er unter anderem Investmentbanken, Indexanbieter wie FTSE, Minen-Investoren und Edelmetallhändler aus der DACH-Region. Zudem ist er als Berater, Keynote Speaker und Moderator aktiv und wurde für seine Arbeit national sowie international ausgezeichnet.

Die Zusammenfassungen der Vorträge wurden von Fragold Connect erstellt.